Gelungenes Debüt: Erwachsenwerden in Montana oder das Leben ist kein Ponyhof!

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thirteentwoseven Avatar

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Das Buch "Big Sky Country" erzählt vom rauen und herben Farmerleben in Michigan und Montana und wie es ist, dort erwachsen zu werden. Im Mittelpunkt steht der wortkarge August, der nach der Trennung seiner Eltern mit der Mutter nach Montana zieht, sich gegen ein Studium entscheidet und auf einer Rinderfarm arbeitet.
Von der Innenwelt und den Gefühlen des Protagonisten erfährt der Leser eigentlich wenig. Sein Leben ist bestimmt vom Dasein, von der täglichen Farmarbeit, der Schule, dem Foodballspielen und den Begegnungen mit den Menschen aus der direkten Umgebung und der Landschaft, in die er hineingeboren wurde.
August lebt einfach und lässt sich im täglichen Rhythmus von Aufstehen, Arbeiten und erschöpften Einschlafen fallen.
Sein Leben ist eigentlich relativ ereignislos. Doch die Natur, das harte Landleben und auch die Menschen, die ihm begegnen, erfordern Entscheidungen von ihm. Wie bei allen stellt sich ihm die Frage: Gehe ich den einfachen Weg ohne Widerstände und Hinterfragen oder wähle ich den richtigen Weg?
Die Natur und das harte Landleben werden nicht romantisiert. Manche Szenen, wie das Töten der Katzen oder Erdmännchen, werden manche zarte Städterseele abstoßen und das Buch zur Seite legen lassen. Auch für mich war das zuerst gewöhnungsbedürftig, aber wenn man sich auf das Buch einlässt, erfährt man mehr über die Seele des Menschen und auch Amerikas.
Die Sprache von Callan Wink ist klar, rein und ohne große Schnörkel. Das Leben und Situationen werden aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet. Männlich, weiblich, divers. Verschiedene Lebensmodelle und Haltungen vorgestellt, ohne darüber zu urteilen. Die Landschaft bildet einen grandiosen Rahmen.
Doch ist sie in meinen Augen nicht mehr als Kulisse für die Fragen jeden jungen Menschen: Wer bin ich und wo will ich hin? Was kann ich selbst bestimmen? Wink schlägt einen großen Bogen von Augusts Eltern, Geburt und Kindheit bis um jungen Erwachsenen, der sich dem Leben und seinen Lebensumständen stellt.

August fragte sich, ob diese Eigenschaft....angeboren war oder ob man sie entwickeln konnte. Denn eins wusste er todsicher: Eine Holsteinkuh wird als Holsteinkuh geboren und bleibt es ihr Leben lang. (Seite 68)

"Ich weiß nicht, wer du bist", sagte Tim (zu August). "Für mich bist du ein Phantom". (S. 204)

"Du hast nicht entschieden wann und wo und unter welchen du auf die Welt gekommen bist, oder?" (Die Mutter zu August)... "Warum gehst du dann davon aus, dass es solche Entscheidungsfreiheit auf einmal gibt, wenn du da bist?...."(S. 373)
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Mein Fazit: Gelungen und auf jeden Fall lesenswert, aber nichts für verzärtelte Gemüter.