Detailverliebt

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
maenade Avatar

Von

 

Mit Birne sucht Helene hat Carsten Sebastian Henn seinen ersten Frauenroman vorgelegt, normalerweise schreibt er Krimis. Das Buch handelt von Paul (eigentlich Paolo) und Eli, beide Singles, beide auf der Suche. Das Ende der Geschichte ist dabei eigentlich von Anfang an klar, aber das ist schließlich nichts Ungewöhnliches für Frauenbücher und tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch.

 

Bereits auf den ersten Blick nimmt das Buch mit einem wirklich schönen Einband für sich ein. Nach dem Lesen weiß ich nun auch, dass das Bild in allen Details zur Geschichte passt. Hier hat sich jemand wirklich Mühe gegeben!

 

Die Hauptpersonen sind sympathisch, es wird aber doch deutlich, dass der Autor mehr über die Psyche des Mannes als der Frau weiß. Die Männer wirken irgendwie lebendiger – dennoch bleibt mir Eli näher als Paul und seine Kumpel. Über Pauls Freunde erfahren wir recht viel, Eli scheint dagegen nur den in diesem Genre wohl unvermeidlichen schwulen besten Freund und ansonsten Familie zu haben.

 

Die Geschichte ist nett und wartet mit vielen – guten! – Ideen auf: einer dressierten Schafherde, einer Killerkatze namens R2-D2, kulinarischen Exzessen und Loriot-Zitaten. Dabei wird die Vielfalt an Details leider ein wenig unüberschaubar, offenbar auch für den Autoren selber. Denn: Mal leben Pauls Eltern gemeinsam „in dem kleinen piemontesischen Dörfchen namens Rimella, aus dem die Familie seiner Mutter stammte“ (S. 26), mal sind sie geschieden (S. 72). Solche Fehler sind genauso vermeidbar wie (für die Geschichte ebenso unwichtige) italienische Sätze mit Fehlern. Elis Schwester unterschreibt mit „Katharina (ehemals: ‚Il magica tedesca’)” (S. 241). Heißen müsste es ‚La magica tedesca’. Und kein italienischer Mann würde „Finalmente! La donna a destra nella mia biancheria da letto!” (S. 189) ausrufen, wenn er erregt feststellt, dass er sie nun endlich in die Laken bekommen hat.

 

Immer, wenn die Gefahr besteht, dass in der Geschichte etwas nicht anpasst, fabuliert der Autor phantasievoll etwas zusammen, leider immer ein bisschen zu viel. Warum muss Paul zu Beginn des Buches ausgerechnet Skorbut haben? Eigentlich nur, damit er nach einem Kochmagazin greift. Aber ist diese Herleitung nötig, wenn der Skorbut danach keine weitere Rolle mehr spielt? Müssen wir erfahren, wie Eli ihr Auto nennt (Sumpfi, der Farbe wegen), wenn weder das Auto noch dessen Name oder Farbe hinterher noch einmal Erwähnung finden? Überzeugender würde auch Dave, ein alter Klassenkamerad von Paul, der wirklich sehr plötzlich wieder in dessen Leben auftaucht und ihm Eli vor der Nase wegschnappt, wirken, wenn wir nicht extra erfahren würden, dass er direkt nach der Schule beim Bund war und daher der Kontakt völlig abgebrochen war. Kurz gesagt: Die Geschichte neigt dazu, sich in diesen Kleinigkeiten zu verlieren, was sie doch eigentlich überhaupt nicht nötig hätte.

 

Die Sprache ist anfangs erfrischend, mit der Zeit fand ich sie aber etwas anstrengend. Mein Hirn fühlte sich unterfordert. Das kann nun allerdings auch daran liegen, dass ich das Buch innerhalb weniger Stunden am Stück gelesen habe. Über eine Woche verteilt hätte es mich vermutlich eher unterhalten. Und dann wären mir sicherlich auch die kleinen Ungereimtheiten und losen Erzählfäden nicht weiter aufgefallen. 

 


Fazit: Eine schöne Geschichte, nett geschrieben, der aber ein gründlicheres Lektorat gut getan hätte. Ein Buch zum Nebenbeilesen.