Furiose Familienfahrt

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Der handliche Hardcover-Band "Bis die Sonne scheint" zeigt auf dem Umschlagseite das Foto eines Jugendlichen/ jungen Mannes in der Art eines Vintage-Fotos, dessen Motiv vom Gemälde "Sly" des Künstlerehepaares Signe & Genna Grushovenko stammt. Dieser Junge lehnt leicht und lässig an einem Auto. Kleidung und Fahrzeug weisen auf vergangene Zeiten - 80er Jahre hin.

Auf 247 Leseseiten wird in 28 Kapiteln das Leben der sechsköpfigen Familie Hormann Mitte der 80er Jahre im nördlichen niedersächsischen Umfeld Bremens beleuchtet.

Dieses Leben wird in Zeitsprüngen und Episoden gefasst, 9 Kapitel sind den Vorfahren der Eltern und deren Geschichte gewidmet und tragen nur eine Ziffer. Die übrigen dem Romanhelden Daniel gewidmet und aus seinem Erleben heraus geschrieben, verweisen mit französischen Wörtern und deren Übersetzungen sowohl auf den folgenden Inhalt als sie auch eine Erinnerung an den französischen Gastschüler und -"bruder" Jean-Philippe.
Während Daniels Kapitel aus der Vergangenheit heraus beschrieben sind, bleiben die der Großeltern bzw. Eltern gegenwärtig.

Das Leben der Hormanns mutet wie eine Achterbahnfahrt an, sie haben sich im eigenen vom Architektenvater entworfenen und gebauten Haus mit ihrem Lebensstandard eingerichtet. Im Laufe der Jahre wechseln beide Eltern mehr oder zunehmend minder erfolgreich Arbeiten und Projekte - anfangs angestellt und später vor allem frei - beruflich. Sie lawieren sich letztlich durchs Leben.

Dies hat der Autor mit gewisser Distanz aber auch Herzenswärme aus Teenagersicht beschrieben. Der Schreibstil ist recht flüssig, ein leiser Humor und etwas Melancholie schimmern trotz aller Dramatik durch, das Lebensgefühl des analogen Zeitalters der Nachkriegszeit bis hin in die 80er Jahre sind ebenso gefasst wie Lokales im Bremer Umland.

Ich habe mich gut unterhalten und an späte Jugendzeiten erinnert gefühlt und den Familienroman in einem Zuge gelesen. Die französischen Wendungen vorneweg sind eine elegante Kapitel-Betitelung. Werden, Wachsen und freundliches Scheitern einer Familie werden im zeitgeschichtlichen Kontext eingebettet.

Für eine leichte und angenehme Ablenkung zwischendurch kann ich diesen Roman Christian Schünemanns sehr empfehlen.