das Stochern in den Untiefen des Teiches

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edda Avatar

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Boy in the Park.

Dylan Aaronsens Himmel, sein ureigenes Refugium, befindet sich auf einer Bank mit Blick auf einen kleinen Teich im Botanischen Garten von San Francisco.
Jeden Tag in der Mittagspause sucht er diesen Ort auf, ausgestattet mit Block und Schreiber, um Inspirationen zu finden. Vertraut ist ihm die Begegnnung mit einem 5 jährigen Jungen, der sich , angekündigt durch das Rascheln der Zweige regelmäßig am anderen Teichufer zeigt, um mit einem Stock im Teich zu stochern. Doch dann wird die Athmosphäre der Poesie und Schönheit mit einem Mal durchbrochen: der Junge erscheint blutend und wird auch noch jäh zurückgerissen von einem Erwachsenen. Dylans heile Welt, dort am Teichufer, wird erschüttert. So weit, dass er anfängt, dem Verschwinden des Jungen nachzuforschen.
Zusätzlich zu diesem Handlungsstrang begegnen wir einem anderen: Bandaufzeichnungen einer psychologischen Sitzung über einen Gefängnisinsassen, des Mordes angeklagt, namens Joseph.
Wie schafft es der Autor, den Spagat zwischen diesen beiden Geschehnissen herzustellen?

Nach und nach begeben wir uns auf eine Odyssee, der Suche nach dem verschwundenen Jungen und nach einer Wahrheit, die wir uns so nicht hätten erträumen können.
Schnell sind wir der Zuschauer, der versucht, die Indizien zu erfassen, um das Rätsel zu lösen.
Wir stochern im wahrsten Sinne wie der Junge im Teich.
Was ist Wahrheit, was Illusion?
Der Roman steuert gemächlich auf die Lösung zu, so dass wir als Leser aufgefordert werden, das Drama, das uns begegnet, hautnah zu erfassen – und zwar mit voller Aufmerksamkeit, denn auch die Rückblenden gehören zu den wichtigen Informationen.
Ab und zu werden wir auf eine falsche Fährte geführt. Sprünge zwischen Orten und Zeiten verwirren vorerst.
Was ist Wahrheit, was Illusion?
Der rote Faden sind die Tonbandaufzeichnungen und Gespräche hierüber, die nach und nach Licht ins Dunkle bringen bis zum erschütternden Ende. Das Buch ist Kindern gewidmet, „die zu etwas werden, was sie nicht werden wollten und sollten“.
A.J. Grayson ist ernsthaft und voll Mitgefühl an sein Vorhaben herangegangen. Meiner Meinung nach wird ihm der aufreißerische Klappentext nicht im Entferntesten gerecht, sondern trifft nur die Spitze des Eisbergs.

Eine Thematik, auf diese Art ungewöhnlich umgesetzt.