Schwerstarbeit

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stephanus217 Avatar

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Puh, das war Schwerstarbeit. Diesen Roman musste ich mir Seite für Seite erarbeiten. Dabei hatte ich nach dem Klappentext ein spannungsgeladenes Lesevergnügen erhofft und erwartet. Diese Erwartung war wohl falsch. Dabei ist die Buchidee bestechend, waren doch eine ganze Fülle brandaktueller Themen angesprochen:
Da ist die Gewalt in Reihen der Polizei, erinnert man sich an viele Fälle aus den USA, da ist die Gewalt gegen die Polizei, wenn man etwa an die Querdenkerkrawalle der letzten Jahre denkt, da ist die Zuwendung zum rechten Rand, der immer „einfache Lösungen“ bereit hält. Schließlich befinden wir uns aktuell in einer leidenschaftlichen Inklusionsdebatte.

Der Ich-Erzähler, Kay Oleander, einfacher Polizist in München, wurde vor einigen Wochen während einer außer Kontrolle geratenen Demo von einer Bierflasche im Gesicht getroffen und verliert ein Auge. Wie betäubt versucht er, sein Leben zu sortieren, beteiligt sich aber nur eher halbherzig an der Tätersuche. Im Zuge dieser Ermittlungen wurde er auf Silvia Glaser aufmerksam, eine ältere Dame mit einer Gehbehinderung, die aus einem Unfall resultiert, für den sie die Polizei verantwortlich macht. Verbittert schließt sie sich einer radikalen rechten Gruppierung an; könnte sie unter den Flaschenwerfern gewesen sein? Trotz aller Unterschiede und des greifbaren wechselseitigen Misstrauens schweißt sie ihr Schicksal doch zusammen. Wird der Flaschenwerfer ermittelt? Gelingt es Oleander sein Leben neu zu ordnen? Kann Frau Glaser ihre Verbitterung überwinden?

Viele Fragen und kaum Antworten, denn die Geschichte hat weder einen Anfang noch ein Ende. Es ist, als ob man zu einem beliebigen Zeitpunkt einen Scheinwerfer auf das Schicksal zweier Menschen richten und diesen Scheinwerfer etwas später an einem wiederum beliebigen Zeitpunkt wieder abschalten würde. Das ist die Geschichte zweier Menschen, die durch ein Unglück aus der Bahn geworfen wurden und die unterschiedliche Wege einschlagen, um ihren inneren Frieden wieder zu finden. Das ist unbefriedigend, zumal ich mir eine tiefere Message nicht erschlossen hat. Einen Krimi oder gar ein Thriller habe ich auch nicht gefunden; die zu erwartenden Ermittlungen des Flaschenwerfers sind kaum mehr als eine Randnotiz.
Dazu kommt die sehr sperrige Sprache und der ständige, oft abrupte Wechsel zwischen den Handlungsebenen. So wechselt der Ich-Erzähler ständig zwischen der realen Story, seinen Erinnerungen und Gedanken und seinen Dämonen, seinen Tagräumen hin und her. Dem zu folgen, ist bisweilen schwierig.

Ich konnte mich für dieses Buch leider nicht begeistern.