Sehr dünne Charaktere & wenig Gefühle

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Den ersten Band der Calendar Girl Reihe „Verführt: Januar, Februar, März“ von Audrey Carlan habe ich noch 2016 beendet. Der Roman ist im Juni 2016 bei Ullstein erschienen und war eines meiner Weihnachtsgeschenke!


Mia Saunders braucht Geld. Viel Geld. Eine Million Dollar, um ihren Vater zu retten. Er liegt im Krankenhaus, weil er seine Spielschulden nicht begleichen konnte. Um die Summe aufzutreiben, heuert Mia bei einer Agentur an und lässt sich als Begleitung buchen. Ihre Gesellschaft kostet 100.000 Dollar pro Monat. Sex ist ausdrücklich nicht Teil des Deals – leichtverdientes Geld! Und der Liebe hat Mia sowieso abgeschworen. Als sie ihrem ersten Kunden, dem Hollywood-Autor Wes Channing, gegenübersteht, ist schnell klar: Zwischen den beiden knistert es gewaltig. Vor ihnen liegt ein Monat voll heißer Leidenschaft. Doch Mia darf sich nicht verlieben. Denn Wes ist nur Mr Januar.


Vorab möchte ich auf den Klappentext eingehen, wo eindeutig geschrieben steht: „Sex ist ausdrücklich nicht Teil des Deals.“ Aufgrund dieses Satzes bin ich vor dem Lesen davon ausgegangen, dass eher die Probleme und Gefühle im Vordergrund stehen und dass der Sex in der Geschichte nur den Hintergrund einnimmt. Ich habe mich sehr auf dieses Buch gefreut, weil mich die Problematik dahinter sehr interessiert hat, dass sie sich in ihren ersten Kunden verliebt, aber nicht mit ihm zusammensein kann, weil sie ihren Vater retten will.

Dementsprechend wurden meine Erwartungen sehr enttäuscht. Entgegen dem Klappentext ging es den Januar über praktisch nur um das Eine zwischen Mia und Wes: der beste Sex ihres Lebens! Dies hat es mir sehr schwer gemacht, überhaupt etwas anderes über ihre Beziehung zu erfahren, außer, dass er gut im Bett ist. Dadurch dass man im Januar nicht viel von ihrem Zusammenleben und der Problematik mitbekommt, wirkt der ganze Umschwung sehr heftig und unglaubwürdig. Plötzlich scheint Mia in Wes verliebt zu sein, dabei bekommt der Leser die ganze Zeit nur mit, dass sie sehr oft miteinander schlafen.

Trotzdem hat es mir passagenweise ganz gut gefallen, als endlich einmal Mias Gefühle durchblitzen konnten oder Wes etwas Charakter bekommen hat. Beispielsweise ist es eine entspannte Abwechslung gewesen, zu lesen, dass die beiden surfen gehen anstatt immer nur miteinander zu schlafen.

Generell kann ich sagen, dass ich Mia in dieser Hinsicht nicht ganz verstehe. Zu Anfang ist sie felsenfest davon überzeugt, nicht mit ihren Kunden unüberlegt zu schlafen. Doch sobald ein heißer Typ auftaucht, wird sie zu einer sexbesessenen Maschine, die – so kam es für mich rüber – dadurch sogar ihren Vater, ihre Schwester und ihre Freundin vergisst. Ebenfalls wirkt es sehr unrealistisch, dass bis jetzt jeder Kunde der bestaussehenste Mann war, den sie je gesehen hat. Einen Kunden, der nicht irgendwie perfekt ist, scheint es schlichtweg nicht zu geben!

Auch in der zweiten Hälfte des Romans, dem Februar, ging es ganze Kapitel lang nur um Sex. Hier hat mir besser gefallen, dass Mia anfängt, Wes zu vermissen. Allerdings blitzen ebenfalls nur wenig Gefühle hervor – stattdessen hat sie einen Orgasmus nach dem anderen. Abschließend kann ich sagen, dass mich Alex`Vorstellungen und sein Charakter fasziniert haben. Aber auch hier erfährt der Leser sehr wenig über Mias Gefühle, obwohl die Geschichte aus ihrer Sicht geschildert wird.

Der März hat mir von allen Monaten am besten gefallen. Endlich mal kann man Mia als Person kennenlernen, da sie – statt mit ihrem Kunden zu schlafen – ihm hilft, sich selbst zu akzeptieren. Die Gefühle kommen hierbei stärker zum Vorschein, wodurch das Buch doch noch ein bisschen an Wert zunimmt für mich. Auch toll finde ich die Idee, dass Mia versucht, Tony und Hector zu helfen und ihren Job nicht auf sexueller Ebene auszuführen.

Der Schreibstil hat mir generell sehr zugesagt. Meiner Meinung nach wurden aber bei Sexszenen zu viele Details beschrieben, die ich als Leser vielleicht gar nicht so genau wissen möchte. Viel schöner und ästhetischer ist es, wenn weniger beschrieben wird und man sich den Rest dazudenken kann. Durch die vulgäre Sprache und die übertriebenen Darstellungen wird das Ganze einfach nur noch schmutzig und verliert seinen Reiz. Diese Szenen waren wahrhaftig wie ein geschriebener Porno, was ich persönlich nicht mehr schön finde!

Wie oben schon geschrieben, wirken die meisten Charaktere eher blass und dünn. Es fehlen so viele Gefühle und Gedanken von Mia, die ich mir an ihrer Stelle gemacht hätte. Hierbei kann ich aber sagen, dass man Mia trotz allem doch noch besser kennenlernen. In Gegenwart ihrer besten Freundin oder ihrer Schwester verhält sie sich realistischer und echter.

Auch mit den Charakteren der Kunden geht es bergauf. So kann ich noch nicht viel über Wes sagen, aber über den charakterstarken Tony vom März weiß der Leser schon viel mehr!

Zusammenfassend hat mir die Idee des Romans sehr gefallen, die Umsetzung leider eher weniger. Ich habe mir mehr Tiefe von Mias Charakter gewünscht, die ich höchstens erst ganz am Ende bekommen habe. Die wenigen, nachdenklichen Szenen machen es etwas wieder wett, doch nichtsdestotrotz werde ich viele „Calendar girl Fans“ mit dieser Rezension erboßen!

Es tut mir Leid – ich werde die Buchreihe aber weiterverfolgen, weil mich der Verlauf der drei nächsten Bücher noch interessiert.