Selbstbestimmung

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anne_kaffeekanne Avatar

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"Es kommt der Punkt im Leben einer Frau, an dem sie es leid ist, sich ständig nur zu schämen. Danach steht ihr frei zu werden, wer immer sie wirklich ist."
(S. 398)
Mit 19 Jahren und abgebrochenem College weiß Vivian nicht so recht, was sie mit sich anfangen soll. Zum Glück hat ihre Tante ein Theater in New York, wo das verwöhnte Landei unterkommt. Sie schneidert Kostüme für die Revuegirls und stürzt sich in das flimmernde Nachtleben der New Yorker 40er Jahre.
In hohem Alter erzählt Vivian von dieser Zeit in ihrem Leben.
Dabei spart sie nicht an ironischen Kommentaren über ihr manchmal sehr unbedarftes und naives jüngeres Ich.
Diese Erzählweise hat meinen Geschmack gut getroffen. Beispielsweise die pragmatisch geplante Entjungferung der Hauptfigur empfand ich als eine der ehrlichsten und amüsantesten Sexszenen, die ich je gelesen habe. Die Handlung mag zwar banal und die Personen teilweise schablonenhaft sein, aber die Autorin hütet sich vor Romantisierung.
Ihre Heldinnen sind selbstbewusst, sexuell unabhängig und sie zieht das verlogene konservativen Ehewerben genüsslich durch den Kakao.
Es geht tatsächlich wie im Titel angekündigt um ein New York der Frauen. Vivian verbiegt sich nicht, um den Erwartungen ihrer Familie zu entsprechen, sondern schafft sich in New York einen Kreis von Freundinnen, die sich gegenseitig unterstützen. Vivians Leben ist sehr wechselhaft, hat Höhen und Tiefen und es fühlt sich am Ende fast an, als hätte man mehrere Bücher gelesen. Nicht immer kann dabei das hohe Erzähltempo des Anfangs gehalten werden, aber dafür werden neue Facetten beispielsweise über das Leben in der Nachkriegszeit in New York beleuchtet.
Insgesamt ein leichtes, humorvolles Buch mit ernsten Anklängen, dass ich gerne weiterempfehle.