Wie eine gedruckte Mystery-Serie

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scylla Avatar

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Das war meine erste Assoziation nachdem ich ein paar Kapitel des Buches gelesen hatte.

Aber erst einmal kurz zum Inhalt:

 

Cal Harper muss als neunjähriger Junge mit ansehen wie seine Mutter bei einem Streit seiner Eltern ums Leben kommt. Sein Vater geht ins Gefängnis und er hat ihn seitdem nie wieder gesehen. Jahre später arbeitet er als Obdachlosenhelfer und findet seinen Vater angeschossen auf der Straße. Er wurde mit der gleichen Waffe verletzt mit der Jahrzehnte zuvor Mitchell Siegel auf mysteriöse Weise erschossen wurde. Dessen Sohn, Jerry Siegel, erfand später den Comichelden „Superman“. Dieser Comic hat wiederum etwas mit einem geheimnisvollen „Buch der Lügen“ zu tun, hinter dem Ellis schon seit Jahren her ist und für das er auch mordet. Das Buch soll Hinweise auf den ältesten Mord der Welt, den Mord von Kain an Abel, enthalten und sowohl Cal als auch sein Vater sind in diese Suche verwickelt.

 

So in etwa kann man sich die Anfangssituation des Buches vorstellen. Es ist nicht einmal im geringsten vorstellbar, wie alle diese Handlungsstränge überhaupt jemals zusammengeführt werden sollen. Das macht aber gerade die Spannung aus. Die Handlung verläuft sehr rasant, was auch an den oft sehr kurzen Kapiteln liegt. Man kommt sich eher vor wie in einem Film mit kurzen Szenen und schnellen Perspektivenwechseln. Brad Meltzers frühere Tätigkeit als Drehbuchautor hat sich hier deutlich niedergeschlagen.

Aus diesem Grund ist mir auch der Vergleich mit einer Mystery-Serie in den Sinn gekommen. Die Geschichte ist in kurze Abschnitte gegliedert. Einzelne Aktionen werden manchmal nicht zuende geführt, um die Spannung zu erhalten und es folgt ein Wechsel in eine andere Perspektive. Dies alles erinnert stark an den Charakter einer Fernsehserie. Außerdem ist das Buch sehr geheimnisvoll und mysteriös. Etwa bis zur Hälfte des Buches hat man als Leser eigentlich keine Ahnung, was das Buch der Lügen überhaupt ist, warum Ellis es haben will und wer seine ominösen Kontaktpersonen sind, die immer über alles Bescheid zu wissen scheinen. Die Gespräche zwischen Ellis und seinen Auftraggebern sind immer sehr rätselhaft, was aber die Spannung enorm steigert. Man möchte unbedingt die Hintergründe erfahren.

Neben der Geschichte an sich fand ich den Schreibstil sehr schön. Die meiste Zeit wird die Handlung aus der Sicht von Cal in der Ich-Form geschildert. Seine leicht ironische Ausdrucksweise und die Kommentare zur Handlung fand ich sehr amüsant und sie haben ihn mir äußerst sympathisch gemacht. Jede Figur hat ihren eigenen Charakter, der in ihren Äußerungen deutlich hervortritt.

Der Roman ist wie eine Rätseljagd. Die verschieden Gruppen haben zwar verschiedene Motive, aber das gleiche Ziel: das Rätsel um das Buch der Lügen zu lösen. Dabei gibt es viele Überraschungen und unvorhergesehene Wendungen. Es geht um Wahrheit und Lüge, um Vertrauen und Verrat und am Ende um Vater und Sohn. Die Superman-Comics sind dabei ebenso schön in die Geschichte eingearbeitet wie uralte Geheimnisse, Geheimgesellschaften und die Regierung.

Am Ende kommt eine phänomenale Auflösung, die zwar unerwartet, aber dafür umso passender ist.

 

Fazit: Das Buch der Lügen ist kein Thriller, aber ein außergewöhnlicher Roman alla Mystery-Rätseljagd mit vielen unvorhergesehenen Wendungen. Die Figuren sind sympathisch und ausdrucksstark und der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Fans des reinen Thriller-Genres wird der Roman vielleicht etwas überzogen vorkommen, wer aber etwas Neues entdecken möchte, ist bei diesem Buch genau richtig. Ich würde es auf jeden Fall empfehlen.