Tolle Atmosphäre

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jr17 Avatar

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Robert Seethaler ist ein Meister darin, das Alltägliche zu beschreiben und daraus Erzählenswertes zu ziehen. In den 60er Jahren in Wien spielt der neue Roman - eine Zeit, deren Ton Seethaler schon in der Sprache toll trifft. Wenn in der Trafik die Zeitung geholt und im Café unter den Gästen getratscht wird, fällt es nicht schwer, sich 60 Jahre zurückversetzen zu lassen und sich die beschriebene Gesellschaft vorzustellen.
Dabei lässt Seethaler die Abgründe eben jener Gesellschaft nicht aus: Drogen- und Alkoholsucht, Depressionen, die Enge der durch die Erwartungen der Nachbarn generierten Pflichten und die Einsamkeit all derer, die auf den ersten Blick so wirken, als hätten sie das Leben im Griff. All das hängt er elegant an Öffnung und Schließung des Cafés ohne Namen auf. Wir sehen einen Ausschnitt dessen, was die beschriebenen Figuren in ihrem Leben erleben, trotzdem ist die erzählte Zeit abgerundet. Ein weiteres Mal ist Seethaler äußerst lesenswert!