Dreckiges, aber nur mäßig gutes Spiel

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trinity 41 Avatar

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Zunächst vielen lieben Dank für das Buch! Leider konnte ich ihm (wie bereits bei der Leseprobe erahnt) nicht viel abgewinnen…
Bereits beim Eintreffen des Buches ließ mich der Aufkleber auf dem Cover („VOX Top Thriller“) zusammenfahren. Aber ich ließ mich nicht abschrecken, schließlich gibt es auch positive Überraschungen... diese zählt leider nicht dazu.
Schon das Cover ist für meinen Geschmack zu bunt und eher unangemessen für einen Thriller (hätte in Anbetracht des Inhaltes düsterer sein dürfen). Aber das ist wirklich reine Geschmackssache. Das Cover zeigt zwei verschlossene Türen und einen teilweise mit Planen auslegten Estrich - mutmaßlich um den Boden beim Bemalen der Wände zu schützen. Die Plane ist rosa, die Wand grellgrün… Die Innenseite des Covers zeigt den Rücken von David Gross (einen der Protagonisten) und eine Häuserfassade, vor der er steht. Die Innenseite des rückseitigen Covers enthält eine Art Steckbrief von David Gross. Letzteres fand ich wiederum unpassend und unnötig.
Das Buch beginnt und endet mit „Heute morgen“. Zu Beginn sieht sich eine gewisse Caro ihrem Peiniger gegenüber, der sie mit Fragen quält, die sie nicht zu beantworten vermag. Vor ihren Augen wird eine Frau ermordet, um sie zum Reden zu bringen. Aber sie hat keine Ahnung, was der Mann im Anzug von ihr will.
So spannt sich der Bogen bis zum Ende des Buches, an dem zumindest das Zustandekommen der Situation aufgeklärt wird. Die dazwischen liegenden etwa 350 Seiten (Mit ganzen 34 Unterkapiteln) stellen eine Rückblende („Vorgestern Abend“) dar, die mehrere Handlungsstränge miteinander verknüpft. Es geht in der Hauptsache um Davis Gross, Toni, Hanna und Philip. Die übrigens Figuren, die ebenfalls alle im Vorspann auftauchen, sind meines Erachtens eher nebensächlich. Allerdings werden die Geschichten der Protagonisten auch immer wieder von den Stories der Nebendarsteller überlagert. Auf gefühlt jeder zweiten Seite markiert ein Sternchen den abrupten Schwenk auf eine weitere Geschichte. Diese Tatsache führt zu unnötiger Verwirrung. Ständig beginnen neue Handlungsstränge, die ohne irgendeine eingängige Ordnung irgendwo irgendwann wieder aufgegriffen werden.
Legt man das Buch einige Tage aus der Hand, ist gar nicht mehr sofort klar, von wem eigentlich die Rede ist. Aber dafür gibt es das vermeintlich hilfreiche Vorwort, das alle (Nicht-)Protagonisten noch einmal auflistet und ihnen einen prägnanten Satz zur Seite stellt. Die Tatsache, dass bei einem knapp 400-seitigen Thriller derartige Erklärungen notwendig sind, mutet schon fast komisch an.
Die Story an sich hätte interessant gestaltet werden können. Klar, es geht um die "üblichen Verdächtigen", aber dennoch... Thematik: abgehalfterter Cop, der mit dem Drogen- und Rotlichtmilieu in Kontakt kommt. „Seine“ Prostituierte wird bestialisch gefoltert und ermordet. Er ermittelt selbst, um den aufkeimenden Verdacht von sich abzuwenden. Zur selben Zeit wird ein Privatermittler namens David Gross (auch ehemaliger Cop, hat nach einem verheerenden Zwischenfall „ein neues Leben“ begonnen) damit beauftragt, ein vermisstes Mädchen zu finden. Und wieder zeitgleich fahren Philip und Hannah in einen Kurzurlaub, um sich eine Auszeit zu gönnen. Doch Philipp wird überfallen und Hannah gefoltert. Und zum Schluss hängt Alles irgendwie zusammen. Caro (die am Anfang gefolterte) ist übrigens Davids Frau.
Hört sich Alles ziemlich verirrend an? Ist es im Grunde genommen nicht, scheint aber leider durch die unstrukturierte Schreibe so zu sein. Das ständige Hin- und Herwechseln zwischen den Handlungssträngen hätte nicht sein müssen, ist für den Leser sehr ermüdend und dessen Fehlen hätte das Buch zumindest ein wenig lesenswerter gemacht. Ich hatte wirklich Mühe, bis zum Ende durchzuhalten. Und das liegt wirklich nicht daran, dass ich Thriller nicht mag oder keine Lust habe, mitzudenken!
Und noch zwei Dinge: es ist meines Erachtens deutlich zu viel direkte Rede im Spiel. Dem Spannungsbogen und der Authentizität hätte es absolut keinen Abbruch getan, auch mal ein „Fuck, Alter!“ oder einen inneren Monolog mit „Verfickte Scheiße!“ auszulassen. Auch die Tatsache, dass die Lieder, die im Hintergrund gespielt werden (im Auto, in der Kneipe, im Club, egal wo), immer genau zur Situation passen, ist irgendwann einfach nur noch lächerlich. Herrn Naidoo (und sein Gesungenes) einmal als Stilmittel heranzuziehen ist das Eine. Aber es überzustrapazieren das Andere…
Ich finde es schade, dass aus dem Material nicht mehr gemacht wurde. Es wäre wenigstens ein netter Urlaubs-Thriller zum Nebenbeilesen dabei herausgekommen. So reicht es insgesamt leider nur für 2 Sterne.