Rasant und brutal - wirklich nötig?

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quatschpanda Avatar

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Zusammen mit den unzähligen Charakteren rast man in "Drecksspiel" von Martin Krist durch das Rotlicht-Milieu Berlins. Das Personenregister am Anfang des "Thrillers" lässt schon darauf schließen, dass sich der Leser auf viele verschiedene Persönlichkeiten einlassen und sich einige Namen merken muss. Der szenische Aufbau verleiht dem Buch eine Schnelligkeit, die nicht immer angenehm ist. Ohne Frage ist es ein gut konstruiertes Werk, was aufgrund der vielen Personen und den erforderlichen Verknüpfungen bestimmt keine leichte Aufgabe war. Dennoch finde ich den Thriller persönlich zu oberflächlich, zu unnötig brutal. Es hätte auch gereicht, sich auf ein oder zwei Ereignisse zu konzentrieren (z.B. die Entführung Hannahs, der Versuch ihres Mannes, sie zu finden und der Hintergrund, wie es dazu kam), ohne das ganze Drumherum. Auch der Text auf der Rückseite des Buches lässt nicht darauf schließen, wie kompliziert das Werk aufgebaut ist, sondern spricht nur von diesem "typischen" Thrillerfall der entführten Hannah und ist dadurch irreführend. Der Zusammenhang zwischen dem durchaus ansprechenden Coverbild mit den Türen und dem Inhalt ist mir auch noch nicht klar...
Der starke Bezug des Romans auf Berlin finde ich persönlich eher störend. Für Berliner und Fans der Stadt ist es bestimmt toll zu wissen, wer grade welche Straße hinuntergejagt wird, als "Außenstehende" sehe ich das aber immer kritisch. Da muss ein Mittelmaß gefunden werden, was Krist hier leider nicht geschafft hat. Und warum zur Hölle schreibt man unter einem Synonym, wenn sogar in dem Buch selbst steht, wer der Autor wirklich ist?
Das Buch war durchaus gut lesbar und raffiniert konstruiert, aber verwirrend rasant und an mancher Stelle unnötig brutal (à la "Hey, ich kenn dich nicht, aber ich hau dir mal in die Fresse, weil ich frustiert bin"), wodurch mir eine gewisse psychologische Tiefe fehlte.