Nicht mehr als ein Echo

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buchmareike Avatar

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Sollte man ein Buch überhaupt lesen, wenn man so hohe Erwartungen hat, dass es einen eigentlich nur enttäuschen kann?
Die Frage ist schwierig zu beantworten. Ich bin der Meinung, dass man es zumindest versuchen sollte, weil doch jedes Mal die Hoffnung besteht, dass es doch nicht enttäuscht. Diese Hoffnung hatte ich zumindest, als ich mich an das „Echo der Wahrheit“ gewagt habe.
Mit seinem Erstlingswerk „Das Buch der Spiegel“ konnte mich Eugene Chirovici begeistern. Er hat damit seinen Durchbruch als Schriftsteller erzielt und es wurde zu recht als Meisterwerk gefeiert. Das Buch war einfach perfekt. Es hatte einen ungewöhnlichen erzählerischen Schreibstil, der in der Show Don‘t Tell Welt ein wenig verloren gegangen ist. Es war ein Werk der leisen Töne mit fein gezeichneten Charakteren, einer klugen und toll inszenierten Geschichte. Was ist die Wahrheit? Und was machen unsere Erinnerungen damit?
In gewisser Weise ist „ Das Echo der Wahrheit“ eine Neuauflage der Geschichte. Oder – und das trifft es vielleicht eher: Ein erster Versuch. Ein Vorläufer von „Das Buch der Spiegel“, eine ähnliche Geschichte, aber von minderer Qualität. Ein Übungsstück und als solches hätte es vielleicht in der Schublade bleiben sollen.
Auch hier werden dem Leser verschiedene Versionen der Wahrheit aufgetischt. Leider sind sie alle abstrus und gleichen jeder für sich eher einem LSD-Rausch als einer echten Erinnerung. In „Das Buch der Spiegel“ waren alle Versionen der Wahrheit absolut glaubwürdig.
Ich mochte die Charaktere nicht. Sie waren mir unsympathisch, allen voran leider der Protagonist. Ein Psychologe, der gegen sämtliche Gesetze und Ehrenkodexe seines Berufsstandes verstößt. Er unterschreibt eine Schweigepflichtserklärung und plaudert später mit allen möglichen Leuten munter über seinen Patienten. Seine Beweggründe, die alte Geschichte aufzurollen, konnte ich nicht nachvollziehen. Auch seine Kehrwendung am Ende wirkt unglaubwürdig, wie ein Versuch des Autors, den Leser doch noch mit seiner Figur zu versöhnen.
Fazit: „Das Echo der Wahrheit“ nach dem „Buch der Spiegel“ zu lesen, ist wie nach einem Restaurantbesuch eine Dose Ravioli zu essen.