Ein Physiklehrbuchersatz

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elmidi Avatar

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Mit einem großen roten Banner auf dem Umschlag, nachdem das Einstein-Enigma weltweit mehr als 1 Million mal verkauft worden sei, wirbt der Verlag mit diesem Buch. Der Autor mit dem langen Namen José Antonio Afonso Rodrigues dos Santos sei spannend wie Dan Brown und tiefsinnig wie Paul Coelho.

Mit großen Erwartungen habe ich nach diesen großartigen Ankündigungen diesen Roman angefangen. Auch der Klappentext verheißt Spannung: Es geht um Tomás Noronha, ein portugiesischer Kryptoanalyst, der ein mysteriöses Manuskript entschlüsseln soll. Und Tomás gerät als Doppelagent, vom CIA und dem Iran wider Willen angeworben, in eine internationale Spionageaffäre.

Ein mysteriöses Manuskript und eine Spionageaffäre! Umso erstaunter war ich über die immer wieder seitenlangen Erklärungen physikalischer Theorien wie der Relativitätstheorie, der Chaostheorie, dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, der Stringtheorie usw; eine schier nicht enden wollende Reihe von Physikvorlesungen, die die eigentlich angekündigte Handlung ins Aus katapultierte. Zwischendurch wird der christliche Glaube demontiert, die fernöstliche Spiritualität dagegen bekommt eine hohe Bedeutung wegen ihrer Parallelen zur Physik. Am Ende jedoch wird aus der Physik ein völlig abstruser Glaube an die technische Machbarkeit der Zukunft – in der nicht weniger zu bewältigen ist als der Zusammenbruch des Universums in einigen Milliarden Jahren.

Hat man sich einmal von der Vorstellung gelöst, man lese einen Spionagethriller a la Dan Brown und sich an den Gedanken gewöhnt, daß es sich eher um einen Wissenschafts- bzw. Erklärroman handelt, gewinnt das Ganze einen gewissen Sog, will man doch wissen, auf was das alles hinauslaufen soll. Von mir aus hätte das Buch auch kürzer sein können, es waren doch einige Längen zu überwinden und am Ende ist mir der Sinn der Nebenhandlung, eben die Rolle als Doppelagent, die Reisen in den Iran und noch dazu ein nebenbei stattfindende Liebelei, völlig zusammenhanglos zum Rest des Romans vorgekommen.

Fakt ist jedoch, dass ich das Buch zu Ende gelesen habe und das auch ohne allzu große Quälerei. Es ist flüssig geschrieben und sicher in seiner Art der Auseinandersetzung mit der modernen Physik auch spannend. Wann hat man schon mal Gelegenheit, sich mit den neuesten wissenschaftlichen Theorien und Ideen in diesem Bereich auseinanderzusetzen? Wer sich dafür Zeit nehmen und eben kein trockenes Lehrbuch lesen möchte, ist hier ganz sicher richtig.