Wer ist sie? Sie ist wunderschön!

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mammutkeks Avatar

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Eine Unbekannte wird in Caputh aufgefunden, unweit von Potsdam und unweit vom Wohnsitz des 1932 bekanntesten Wissenschaftlers weltweit, von Albert Einstein. Da sich die junge, nackte Frau an nichts erinnern kann, wird sie von der Presse schnell als "Einstein-Mädchen" bezeichnet. Sie kommt in die Charité und wird dort von Dr. Kirsch behandelt, der alles tut, um die Geschichte der jungen Frau zu ergründen.

Was hat Maria, wie sie selbst genannt werden möchte, mit Einstein zu tun? Sind die Aufzeichnungen, die Kirsch später findet, von der jungen Frau - und hat sie damit selbst wichtige Elemente der Quanten- und Relativitätstheorie entwickelt? Welche Auswirkungen haben die Rangkämpfe in der Charité auf die Zukunft von Dr. Kirsch und von Maria?

Fragen, die sich nach und nach entwickeln, und die Sington in seinem sehr gut und flüssig geschriebenen vielschichtigen Roman auch auflöst. Obgleich auf dem Klappentext gleich zwei Mal zitiert wird, dass es sich um einen Thriller handelt (Kate Saunders: "Ein Thriller mit Stil"; John O'Connell "Ein erstklassiger historischer Thriller"), ist es für mich keiner. Mir fehlen wichtige Elemente dieser Gattung. Nichtsdestotrotz handelt es sich um einen stilsicheren historischen Roman, der die Stimmung der Jahre 1932/33 sehr gut einfängt. Die ersten erschreckenden Auswirkungen der Machtergreifung der Nationalsozialisten sind zu spüren, gleichzeitig geht für die meisten Menschen das Leben wir üblich weiter.

Und Sington macht deutlich, dass z.B. bestimmte medizinische Extrema nicht erst 1933 ihren Anfang genommen haben. Bestimmte Experimente wurden durchaus schon früher durchgeführt, wie die plastische Schilderung der so genannten Insulin-Schock-Therapie eindrucksvoll zeigt.

Obwohl Sington sich sicherlich intensiv mit den verschiedenen Theorien Einsteins beschäftigt hat, erliegt er nicht der Versuchung, diese so stark in den Mittelpunkt zu stellen, dass die Lektüre für physikalisch Unbeleckte uninteressant wäre.

Eine dichtgewebte, gut konstruierte Geschichte, die vielleicht ja sogar eine historische Realität abbildet. Sehr gut zu lesen - wenngleich die Figur der Alma Siegel, die ja noch die Leseprobe dominiert, im weiteren Verlauf in den Hintergrund gerät.

Zu dem wirklich guten Roman kommt ein gut gestaltetes Cover - ein Bild einer jungen Frau, typisch für die goldenen Jahre der Weimarer Republik in Berlin. Die leicht erhabenen Buchstaben des Titels tun ihr übriges für ein ansprechendes Buch - auch von außen.

Fazit: Ein Roman, der meine Interessen voll und ganz trifft - und meine hohen Erwartungen erfüllt hat. Ich würde ihn uneingeschränkt empfehlen, wenn auch nicht als "Thriller".