Genieße das Leben, Darling!

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anneteekanne Avatar

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Zum Buch:
Albert Entwistle ist seit fünfzig Jahren Briefträger in einer kleinen Gemeinde. Er kennt seinen Weg, er weiß, wer oft oder wenig Post bekommt. Da Albert sehr schüchtern und zurückhaltend ist, hat er sich auch seine Route so arrangiert, dass er nicht mit so vielen Leuten Kontakt haben muss. Denn das kann er nicht so, er ist lieber nur für sich selbst. Als sich sein Umfeld ändert, ist Albert gezwungen sich den neuen Herausforderungen zu stellen und findet neue Freunde.

Meine Meinung:
Matt Cain hat einen Wohl-fühl-Roman geschrieben. Die Tatsache, dass er gleich mehrere heikle Themen anspricht, überrascht nicht, denn im Grunde hängen sie alle am gleichen Aufhänger: Vorurteile.
Ich selbst bin nicht frei von Vorurteilen und würde vermutlich auch nicht immer passend auf diese Themen reagieren. Aber ich habe gelernt, dass man neugierig bleiben muss, dass man Dinge / Sachverhalte hinterfragen sollte, als sich nur Gedanken zu machen und falsche Schlüsse zu ziehen.

Die Tatsache, dass Albert sein ganzes Leben (50 Jahre) im Schatten verbracht hat, stimmt einen traurig. Aus Angst, aus Scham, aus Verzweiflung hat er verpasst zu leben und sich ein Leben aufzubauen, weil er sich nicht vorstellen konnte, ein Leben (und auch eine Liebe) ohne George zu haben.
Jetzt vor seiner Pensionierung wird er, wie Albert auch selber feststellt, aus seiner Komfortzone gezogen, nur um festzustellen, dass es kein Komfort war, in dem er sich befand, sondern eine Flucht, ein trauriges Verstecken vor Dingen, die in der Zwischenzeit als normal angesehen werden. Und um auch zu entdecken, dass man sich manchmal etwas trauen muss, um einen Schritt weiterzukommen.

Albert hat mich an meine Tante erinnert, die jahrelang in ihrer Wohnung quasi gefangen war, weil sie sich kaum noch bewegen konnte und dann ist ein Zivi gekommen, hat sie in einen Rollstuhl gesetzt und vor die Tür gefahren und sie musste feststellen, dass keiner auf der Straße ihr besondere Aufmerksamkeit geschenkt hat, außer den beiden eine Tür aufzuhalten, damit sie besser dahin kamen, wohin sie wollten.
Unwissenheit und der fehlende Mut für Neues kann nur traurig machen.

Ich muss aber gestehen, das die heile, akzeptierende Welt, in die Albert nun einsteigt, mir ein bisschen zu rosa aussieht. Denn all die negativ Erfahrungen, die er mit fünfzehn gemacht hat und aus dessen Grund er sich versteckt hat waren nun komplett verschwunden, was ich ein bisschen fern der Realität finde.