Seichte Kojoten

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sago Avatar

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Die wenigen Mainstream-Romane deutscher Autorinnen, die ich in letzter Zeit gelesen habe, litten für mich alle an den gleichen Mankos: zu oberflächliche, schablonenhafte Charaktere und eine geradezu exzessive Bemühung des Deus ex machina. Zwar kann „Das Geheimnis des Feldkojoten“ immerhin für sich verbuchen, für diesen Deus ex machina das Wirken des Großen Geistes der Indianer heranzuziehen, was ja gut zur Thematik des Romans passt. Mache Zufälle sind aber zu viel des Guten, beispielsweise dass der männliche Hauptprotagonist, der Halbindianer Shane Storm Hawk, zu Beginn ausgerechnet auf die Luftschächte in dem Nationalpark stößt, welche das brisante Geheimnis verbergen, das die Handlung des Romans erst auslöst. Genau diese Geheimnis hat aber bereits früher unabhängig davon sein Freund Fabian aufgedeckt, als er für einen fragwürdigen Konzern angeworben werden sollte, und musste sich seitdem in einem Kloster verbergen. Doch Fabian treibt nach längerer Zeit sein Gewissen aus dem Kloster; er will die dunklen Machenschaften aufdecken. Aus Sorge folgt ihm seine Schwester Serena bis nach Nordamerika und begibt sich auf die Suche nach ihm, unterstützt von Shane Storm Hawk. Diese beiden verlieben sich natürlich ineinander. In der Hoffnung, den Bruder so dingfest zu machen, verfolgen Serena und Shane im Auftrag des Konzerns zunächst in Deutschland und dann in Nordamerika ein paar Dunkelmänner. Ich muss sagen, Figuren für Kinder wie Dysneys Panzerknacker wirken glaubwürdiger als diese zwielichtigen Gestalten. Die in Deutschland zeichnen sich dadurch aus, dass sie 90 % ihrer Sätze mit Chef beenden, die in Nordamerika beschließen 90 % ihrer Aussagen mit Boss. Hat das Lektorat hier durchgeschlafen? Die Bösewichter wirken wie Abziehbilder, völlig eindimensional. Überhaupt sind die handelnden Personen eher schlichten Gemüts. Wenn Shane extra sein Handy liegen lässt, um es den Verfolgern nicht zu ermöglichen, sie zu orten, vergisst er sicherzustellen, dass Serena das auch tut. Naja, noch nachvollziehbar, denn wer ist heutzutage noch so blauäugig, nicht zu wissen, dass Handys prima Peilsender sind? Offensichtlich Serena. Als Shane den Fehler bemerkt und das Handy einem Lastwagenfahrer unterschiebt , findet Serena diese Idee, die jeder Fünfjährige gehabt hätte „genial“. Und die Verfolger halten ihre Zielpersonen daraufhin für „unheimlich raffiniert“. Oje! Und was soll der Wahnwitz, dass sich Fabian allein in die Höhle des Löwen, die Labore des Konzerns, wagt? Dem Fass den Boden aus schlägt aber der Dialog zwischen Shane und Serena auf Seite 386. Ihr Bruder Fabian musste durch den Einsturz des Höhlensystems sein Leben lassen. Serena fragt Shane nach einer ganzen Weile sinngemäß, ach, wo wir sowieso gerade von Fabian sprechen, Du hast ihn nicht zufällig irgendwo gesehen? Mein über alles geliebter Bruder lebt nicht zufällig doch noch? Hast Du vielleicht gaaaaanz zufällig vergessen, mir das zu sagen? Ja, den letzten Satz habe ich jetzt dazugesponnen. Aber wer bitte würde denn Serena nicht gleich als Top-News mitteilen, dass ihr Bruder doch noch lebt? Kann man doch mal vergessen zu erwähnen, oder? Hier wird es wirklich haarsträubend.
Ich würde diesen Roman gern mehr mögen, denn ich interessiere mich für indianische Mystik. Leider hat er mich nicht sehr gefesselt, wenn ich mich auch nicht gelangweilt habe. Die Umsetzung der Geschichte kann nicht mit der schönen Zeichnung vom Felskojoten auf dem Cover, angefertigt vom indianischen Ehemann der Autorin, mithalten.