Was steckt hinter dem weißen Band?

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mammutkeks Avatar

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Einem durchaus ambitionierten Projekt hat sich der - mir bislang völlig unbekannte, aber offenbar zu den internationalen Bestsellerautoren gehörende Anthony Horowitz gewidmet. Ein neuer Sherlock-Holmes-Roman sollte es werden - und ist es auch geworden. Grandios gelingt es ihm, die Stimmung der Holmes- und Watson-Fälle aufzugreifen, und er erklärt auch äußerst nachvollziehbar, warum es erst jetzt zu einer Veröffentlichung dieses Falles kommt. Waren doch hohe und höchste Kreise in den Fall verwickelt, gesellschaftliche Kreise, die man nicht frühzeitig bloßstellen wollte.

Die Geschichte beginnt an einem Dezembernachmittag im Jahre 1890, Holmes und Watson sitzen beim nachmittäglichen Tee, als ein unerwarteter Besucher eintritt und ihnen von seiner Verfolgung durch einen Unbekannten erzählt. Kurze Zeit später bricht dieser Mann offenbar beim Kunsthändler Carstairs ein, allerdings ohne viel zu stehlen. Zudem wird er am nächsten Tag ermordet.

Durch den von Holmes in die Ermittlungen einbezogenen Straßenjungen Ross gelangt eine neue Dimension in die Story. Das "Geheimnis des weißen Bandes" tritt auf - hat doch der Junge nach seiner brutalen Ermordung ein solches um das Handgelenk geschlungen. Doch was hat er vor dem Hotel des errmordeten Räubers gesehen, das zu seiner eigenen Tötung geführt hat. Denn das es einen Zusammenhang gibt, ist Holmes und Watson von vornherein klar.

Die weitere Geschichte nimmt immer wieder überraschende Wendungen, spielt dann nicht nur in der Gosse oder in der Mittelschicht des Kunsthändlers, sondern auch ganz hohe und edle Kreise spielen schnell eine entscheidende Rolle. Dabei ist das Rätsel für Watson - wie immer - deutlich unklarer als für den berühmten Sherlock Holmes, der selbst während seiner kurzen Haft immer genau Bescheid weiß, worum es geht.

Horowitz ist neben einer guten Adaption des (ganz aktuellen) Themas und der Stilistik von Conan Doyle auch eine gute Studie der viktorianischen Zeit in London gelungen. Auch ein wenig Kritik am großen Meister wird eingeflochten, wenn Watson selbstkritisch davon spricht, sich immer nur um die Ermittlungen nicht aber um die Strafe und die Beweggründe der Täter gekümmert zu haben.

Das gelungene Buch wird durch die Gestaltung des Umschlages noch unterstützt: Die tief geprägte Schrift, der klassische Holmes-Kopf mit der Pfeife und das weiße Lesebändchen bilden ein gelungenes Außenbild. Insgesamt eine klare Leseempfehlung - und ein wenig Neid darüber, dass andere das Lesevergnügen noch vor sich haben.

Aber vielleicht findet sich in der Schatulle des Holmes-Biographen ja noch ein weiterer unveröffentlichter Fall?!