Jendes und Nenis amerikanischer Traum

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
buchdoktor Avatar

Von

Jende Jonga scheint in New York das große Los gezogen zu haben. Mit Unterstützung von Freunden findet er eine Stelle als Chauffeur des wohlhabenden Bankiers Clark Edwards. Jende arbeitet, wann immer jemand in der Familie gefahren werden soll, ist loyal, stets zuvorkommend und will unbedingt zeigen, dass er diesen Job verdient hat. Doch seine Arbeitserlaubnis gilt nur bis zur Entscheidung seines Asylantrags. Neni ist mit einem Studentenvisum in den USA, das sie verpflichtet nach dem Examen das Land wieder zu verlassen. Wenn so viele andere es trotz dieser Bedingung mit Tricksen und Täuschen zu einer Greencard gebracht haben, warum sollten Neni und Jende nicht einfach Glück haben? Hilfe erhoffen sie sich von dem windigen Anwalt Bubakar. Ob Bubakar vom Asylrecht etwas versteht, können beide nicht beurteilen.

Da Jende bei den Edwards alle Familienmitglieder fährt, Eltern und Kinder, bleiben ihm die Konflikte der Familie nicht lange verborgen. Reichtum macht nicht glücklich, diese Botschaft war zu erwarten. Wenig überraschend zeigt sich, dass der erfolgreiche und der eingewanderte Vater beide feste Vorstellungen vom Glück ihrer Kinder haben. Clark kennt keine Kompromisse bei der Berufswahl seiner Söhne; Jendes Traum von einem besseren Leben für den kleinen Liomi heißt unbedingt ein Leben in den USA. Die Anpassung an amerikanische Verhältnisse ist nicht leicht. Neni muss schmerzhaft erfahren, dass Menschen in den USA, die sie duzen darf und die sie freundlich behandeln, nicht ihre Freunde sind und sich noch lange nicht wie Freunde verhalten. In der Realität könnten die Jongas, selbst mit unbegrenzter Aufenthaltserlaubnis, in ihrem erträumten Land nicht Fuß fassen solange Jende bei jedem Problem in seinem Heimatdorf Geld nach Kamerun überweist. Nach der Geburt eines zweiten Kindes rückt auch Nenis Modell von Schwarzarbeit als Krankenpflegerin neben ihrem Pharmazie-Studium in weite Ferne. - Mit der Pleite der Lehman Brothers fallen die Angestellten der Clarks gemeinsam mit ihrem Arbeitgeber wie die Domino-Steine. Noch sind Jende und Neni bereit, für ihren Traum vom besseren Leben alles zu tun.

In einer lockeren, jugendlichen Sprache erzählt Imbolo Mbue von einem nicht mehr so jungen Paar aus Kamerun, das für seinen Traum vom Glück in den USA bereit ist hart zu arbeiten. Gespiegelt wird das Einwanderer-Schicksal in der Begegnung mit einer wohlhabenden Familie, deren Wohlstand auf brüchigem Fundament steht. Für Menschen, die arbeiten wollen und für die es – zumindest vor 2008 - Arbeit gab, habe ich natürlich ein gutes Ende erhofft. Nach einer umfangreichen und eher gemächlichen Einführung der beiden Familien geht es nach der Lehman-Pleite im Leben der Jongas und der Edwards in schnellen Schnitten Schlag auf Schlag. Die Entwicklung der Personen ist zwar im Kopf des Lesers nachvollziehbar, wenn man bereit ist, alles über Bord zu werfen, was man bisher über die Figuren dachte, jedoch weniger nachvollziehbar durch eine geschilderte Entwicklung der Figuren. Trotz dieses Ungleichgewichts zwischen den Roman-Teilen besteht die Geschichte der Jongas und der Edwards aus warmherzig geschilderten, einfühlsam beobachteten Szenen, die viel über afrikanisches und US-amerikanisches Denken vermitteln können.