Landnahme im 19. Jahrhundert

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friedrich Avatar

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Der Roman "Das Haus der Rajanis" des Autors Alon Hilu thematisiert den Beginn der großen Einwanderungswellen nach Palästina am Ende des 19. Jahrhunderts.

Entgegen der geläufigen Ansicht, die Einwanderer aus Mittel- und v.a. Osteuropa seien aufgrund der zionistischen Grundidee nach Erez Israel gekommen, um als Pioniere wertloses Land käuflich von der dort lebenden  arabischen Bevölkerung zu erwerben und es mit ihrer eigenen Hände Arbeit mühevoll urbar zu machen und zu kultivieren, erhält man in dem Roman ein ganz anderes Bild.

Da kommt der studierte Agronom Isaac Luminsky mit seiner verwöhnten Frau in Jaffa an und macht sich auf die Suche nach fruchtbarem, kultiviertem Land, das er alsbald in der Nähe Jaffas findet. Leider gehören die ausgedehnten Ländereien einer muslimischen Familie namens Rajani, die nicht geneigt ist, ihr Land zu veräußern. Da der Gutsherr sich auf Reisen befindet, freundet sich Luminsky zunächst mit dem Sohn der Familie an, und geht bald darauf ein sexuelles Verhältnis mit der Gutsherrin ein. Kalt und berechnend schaltet Luminsky alle aus, die ihm im Wege stehen, um möglichst unentgeltlich an die Ländereien zu gelangen, die er schließlich achtlos zurücklässt, als er im Norden des Landes noch fruchtbareres Land wittert.

Andere Immigranten suchen dagegen das Heil in Übersee, wohin sie sich alsbald flüchten, weil ihnen die Arbeit auf den Ländereien zu mühsam erscheint. 

Dass dieser Roman in Israel Aufsehen erregte, liegt sicher am provokanten Inhalt und weniger an seiner Form. Eine gelungene Ideen  ist die Wahl zweier Erzählperspektiven für den Tagebuchroman. Zunächst erzählt Isaac Luminsky seine Sicht des Geschehens, der jeweils die Darstellung des meist gleichen Sachverhaltes aus der Sicht des Jungen Salach Rajani folgt. Damit wird die Glaubwürdigkeit der Darstellung Luminskys erheblich relativiert. Oft meint man zunächst, der Junge sei geistig verwirrt, aber dann stellt sich heraus, dass dies offenbar eine Schutzbehauptung Luminskys ist, um sein frevelhaftes, ausbeuterisches Handeln zu kaschieren. Für den Leser ergibt sich die geradezu detektivische Arbeit, zwischen den beiden konträren Aussagen nach der Wahrheit zu suchen.

Stilistisch mutet der Roman zunächst in wenig altertümlich an, was daran liegt, dass das Subjekt meist an die letzte Stelle im Satz gestellt wird. Da dies aber nicht durchgängig im Roman der Fall ist, wirkt der Satzbau sehr konstruiert und man muss sagen, dass dieses Stilmittel einfach nur fehl am Platze ist, zumal man auch im Jahre 1895 nicht derart sprach. Dieser Stil ist und wirkt nicht echt, und man hätte besser daran getan, einen auch heute üblichen Satzbau zu verwenden.

Wenn auch der Roman nicht grundlegend die Ursprünge des jüdisch-palästinensischen Konfliktes thematisiert oder hier Aufklärung schafft, so wirft er doch ein neues Licht darauf, wenngleich dies an einem singulären und sehr privat anmutenden Beispiel erzählt wird, ohne tatsächlich über politische Zusammenhänge und Hintergründe aufzuklären.