Das Haus der Rajanis: Psychose

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Das Buchcover von Alon Hilus 'Das Haus der Rajanis', sehr schön gestaltet zwar, sollte aber eher faulende Orangen tragen, denn das ist es, was doch in dem Roman passiert: Saftig sind sie noch von innen, aber außen setzt schon Fäule und Schimmel an und führt sie zur totalen Zerstörung.

Wenn ich eines nicht glaube, so ist es die Information, dass es sich um echte Tagebuchaufzeichnungen Luminskys und Salachs handeln soll. Immer wieder habe ich gedacht, dass dies überhaupt nicht sein kann. Auch diese Weissagungen, die darin vorkommen, sind doch sehr unglaubhaft, werden sie doch alle bis hin zu den Glastürmen wahr. So wäre es mir lieber gewesen, man hätte es als Fiktion gelesen, nicht aber als angebliche Dokumente aus den Jahren 1895/96.

Das Buch beginnt erst interessant, spannend gar mit einer Liebesgeschichte und Affäre und einer frigiden Ehefrau Luminskys, außerdem einem scheinbar schwachsinnigen Kind (wie hätte aber ein schwachsinniger Junge solche Tagebuchaufzeichnungen machen können). Um das Land der Rajanis einzunehmen, spielt Isaac Luminsky eine Freundschaft zum Sohn der Rajanis und beginnt ein Affäre mit der Mutter des Jungen. Bald jedoch dreht sich alles in ein böses Vorhaben, Gewalt, Lügen, und aus dem scheinbar netten Luminsky, der wohl nur ein Liebesabenteuer sucht, wird ein böser, berechnender, gewalttätiger Mann.

Der psychotische und immer unglaubwürdiger werdende Teil des Romans beginnt mit dem Kampf um das Gut der Rajanis und dem Psychoterror von allen Seiten: mit den Prophezeiungen des Jungen und den Machenschaften Luminskys. Ab hier muss man genau unterscheiden, was Prophezeiungen, was Gang der Handlung, was man glauben soll, was nicht. Das Ende ist dann im Prinzip der Niedergang aller und die Bewahrheitung aller Prophezeiungen.

Obwohl mein Urteil nicht durchgehend positiv ausfällt, so habe ich das Buch doch relativ schnell durchgelesen, weil ich doch wissen wollte, wie es weiter geht, obwohl es mir zum Teil gar nicht gefallen hat. Mit der Sprache hatte ich keine Probleme, obwohl doch einige Übersetzungs- bzw Grammatikfehler zu finden sind. Interessant fand ich allerdings, aus zwei Perspektiven zu schreiben und mitunter das eine oder andere Ereignis aus zwei Perspektiven zu sehen. Wie im wahren Leben sehen zwei Personen das gleiche Ereignis ja immer völlig unterschiedlich, und dies hat der Autor vor allem im hinteren Teil sehr gut deutlich gemacht. Eine schöne Idee, mit zwei Ich-Erzählern zu arbeiten.

Über das Palästina der damaligen Zeit erfährt man allerdings wirklich kaum etwas; obwohl dies so auf dem Umschlag beschrieben wird. Das, was man erfährt, muss jedoch auch sehr kritisch betrachtet werden. Rassismus und Frauenfeindlichkeit reflektieren sicherlich die damalige Denkweise, wenn man davon ausginge, dass dies tatsächlich Tagebucheinträge von damals wären, aber welche Frau liest schon gern, dass ihr Hirn einem Spatzenhirn gleichkäme?

Insgesamt ist es schön, wieder einmal ein literarisch anders gestaltetes Buch gelesen zu haben, keine normale (seichte) Ferienlektüre also. Leider greift man/greife ich immer seltener zu solchen Büchern. Die Sprache hat mir gut gefallen, die Idee und das Thema auch; der Handlungsgang selbst lässt mich geteilter Meinung zurück. 'Das Haus der Rajanis' ist kein Buch, das man nicht fertig lesen mag, es ist aber auch kein Buch, das zum Lieblingsbuch wird.