Kinderkrimi at its best

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ichgebäre Avatar

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Worum geht es?
Emil ist umgezogen und geht seitdem an eine neue Schule. In der Nähe der neuen Wohnung hat Karl seinen Kiosk. Emil und Karl freunden sich an.

Emil will Schriftsteller werden und schreibt gerade an seinem ersten Krimi. Blöderweise sackt seine fiese Lehrerin sein Notizbuch ein. Und dann soll Emils Mama auch noch viel Geld für die Klassenfahrt bezahlen. Emil erzählt seiner Mutter gar nicht erst von diesem Geld, weil er weiß: Sie haben es nicht.

Als er Karl am Kiosk davon erzählt, bekommt auch Finja das mit. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten freunden sich Emil und Finja an. Finja schmiedet einen Plan, um Emils Notizbuch zurückzubekommen und Geld für die Klassenfahrt (und andere unbezahlte Rechnungen) aufzutreiben.

Nicht alle Pläne gehen auf. Emils Verzweiflung wächst. Und dann wird in Karls Kiosk eingebrochen und Karl selber verschwindet. Emil erfährt, dass der Kiosk abgerissen werden soll. Emil weiß nicht, was er noch tun soll.

Doch dann bekommen die Ereignisse eine neue Dynamik: Auf einmal arbeiten die Menschen im Viertel zusammen. Sie verhindern den Abbruch des Kiosks und finden den Grund für den Einbruch heraus. Und am Ende klären sich sogar die Geldsorgen.



Meine Meinung
Das erste Kapitel war zäh. Das zweite ging. Nach den ersten beiden Kapiteln war ich dann aber doch drin im Buch und habe die Entwicklung sehr genossen.

Besonders schön fand ich, dass nicht alles auf Anhieb funktioniert. Emil und Finja sind eben doch keine Super-Detektive -- obwohl Finjas Hund Watson heißt. Ihre Methoden haben Fehler und ihr Erfolg hängt zu einem großen Teil vom guten Willen anderer Personen ab. Insofern habe ich tatsächlich noch bis weit in das Buch hinein eine andere "echte Detektivin" erwartet -- denn die war ja im Klappentext angekündigt worden. Der Geschichte tut es aber gut, dass dann doch keine erwachsene Detektivin dazu kommt. Einige andere Erwachsene zeigen allerdings unerwartete detektivische Züge, die mir mehrmals ein Lächeln ins Gesicht zauberten.

Toll fand ich, dass die Kinder in diesem Buch nicht gegen die Erwachsenen Stimmung machen. Im Gegenteil arbeiten Emil und Finja mit den erwachsenen Menschen in ihrem Umfeld zusammen. Es ist also kein "groß gegen klein", wofür ich sehr dankbar bin.

Das Buch ist keine Friede-Freude-Eierkuchen-Welt. Im Gegenteil: Emils Vater ist verstorben; Emil und seine Mutter mussten deshalb umziehen und kommen finanziell kaum über die Runden. Emil erfährt auch, dass seine Mutter immer noch stark trauert -- auch, wenn sie das vor ihrem Sohn zu verbergen sucht.

Insofern ist es verständlich, dass Emil die Verantwortung für ihre gemeinsamen Finanzen mit übernehmen will, indem er ein erfolgreicher Schriftsteller wird. Und es ist auch verständlich, dass Emil gewisse Dinge zu Hause gar nicht erzählt, um seiner Mutter nicht noch mehr Sorgen zu machen.
Dennoch irritiert es immer, wenn Kinder die Verantwortung für Erwachsene übernehmen (sollen). Emil mit seinen zehn Jahren ist klug, aber eben dennoch ein Kind. Aus seiner Sicht ist sein Verhalten absolut nachzuvollziehen. Ich befürchte allerdings, dass das Buch Kinder ermutigen könnte, ebenfalls die Verantwortung der Erwachsenen auf sich selbst zu wälzen. Ich bin mir unsicher, ob man dieses Problem durch ein Gespräch zwischen Emil und seiner Mutter hätte auflösen können. Ich bin mir auch nicht sicher, ob dieser Aspekt der Geschichte für Kinder überhaupt so eine starke Wirkung hatte wie auf mich. Vielleicht übertreibe ich es hier auch mit meinen Überlegungen.

Zum Schmunzeln brachten mich regelmäßig die eingeschobenen Notizseiten aus Emils Buch zum Beginn jedes Kapitels. Auf diesen Seiten stellt Emil die Charaktere des Buches in Notizform vor. "Man muss sich immer alles sofort notieren, was man später für seine Geschichte brauchen könnte", erklärt Emil sinngemäß. Diese Seiten sind nicht nur toll illustriert, sondern zeigen auch, worauf Kinder sich bei ihren Beobachtungen konzentrieren. Ihr Blick auf ihre Umwelt und ihre Mitmenschen unterscheidet sich eben doch stark von unserem Erwachsenenblick. Und es nutzt überhaupt nichts, wenn wir als Erwachsene das nicht akzeptieren.

Fazit:
Für Kinder, die gern Krimis lesen, ist dieses Buch durchaus eine Empfehlung. Jungen und Mädchen werden gleichermaßen angesprochen und es werden keine geschlechtsspezifischen Rollenklischees aufgebaut. Beide Kinder sind auf ihre Weise starke Charaktere. Erwachsene können böse oder auch gut sein (sowohl Männer als auch Frauen).

Kleine Abzüge gibt es für das etwas nervige erste Kapitel. Mein Tipp: Nicht ärgern, schnell durchlesen; danach wird es besser!