Familienbande

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murksy Avatar

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Ich versuche, dieses wundervolle, vielschichtige und  ergreifende Buch zu rezensieren, ohne allzu viel zu verraten. Schwierige Aufgabe.
1957, Luce Weld verschwindet. Der als Taugenichts und Frauenheld bekannte Familienvater hat ein Verhältnis mit Ada. Als offenes Geheimnis wurde seither angenommen, dass Ada`s Mann den Widersacher getötet hat. Viele Jahre später wurde ein Schädel mit einem Einschussloch gefunden, jeder ist sich sicher, dass dies die Überreste von Luce sind. Das Buch springt in die Gegenwart. Marne, die Enkelin des Ermordeten, kommt aus der Großstadt zurück in ihre Heimat. Die Schatten der Vergangenheit sind überall, doch niemand spricht das Ungesagte aus, stellt die entscheidenden Fragen. Ganz im Gegenteil, Ada spielt mit Jane, der Tochter von Luce, Scrabble. Die  beiden belauern sich, lassen nur ab und zu eine Spitze fallen, aber nie sprechen sie über die Vergangenheit, in der so viel passierte. Beide haben Verluste erlitten. Ada`s Mann hat sich das Leben genommen, Söhne kamen ums Leben. Doch irgendwie hat man sich arrangiert. Kompliziert wird das Ganze, als Marne sich in Ray verliebt. Ein Unding, da  Ray erstens der beste Freund von Alex, Marne`s Bruder, ist und zudem noch Ada`s Sohn. Klingt kompliziert? Ist es auch, aber herrlich raffiniert im Buch geschrieben, ein wahres Meisterwerk. Aber weiter. Zwischen Marne und Ray bleibt die Vergangenheit zunächst unausgesprochen. Als aber die Rede von Huck, Ray`s Bruder ist, ändert sich die Situation. Huck wird im Verlaufe der Geschichte noch eine wichtige Rolle spielen. Zunächst ist Huck aber der Mensch, den Marne am Allerwenigsten leiden kann. Etwas Dunkles scheint Huck in sich zu tragen, etwas, das Marne nicht greifen kann, aber sie hasst ihn. Das Buch springt geschickt zwischen den Personen hin und her, wechselt auch die Zeiten, erzählt aus den schicksalhaften Tagen, als Luce verschwand. So wird dem Leser nach und nach mehr erzählt, werden die Personen und ihre Sicht der Dinge nähergebracht. Immer verzwickter scheinen die Familienbande zu werden, als sich das Geheimnis der beiden Familien offenbart. Mit jeder Seite wird dem Leser die Tragödie der Geschehnisse klarer. Das Leben schreibt verrückte Geschichten, mag uns das Buch sagen. Und nach der letzten Seite bleibt man nachdenklich zurück, schaut auf den geschlossenen Buchdeckel und wird sich bewusst, was für einen grandiosen Roman man lesen durfte. Ein Stück großartiger Erzählkunst hat mich zutiefst berührt, Danke!