Deprimierende Geschichte

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emmmbeee Avatar

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Giovanna ist 13 und lebt behütet in einer kultivierten Mittelschichtswelt, hoch oben auf den Anhöhen über Neapel. Als sie hört, wie ihr Vater sie hässlich nennt, da sie offenbar immer mehr nach ihrer Tante Vittoria kommt, ist sie tief erschüttert. Fand ihr Papa sie bisher etwa nicht hübsch, ja schön? Und wer ist diese Vittoria überhaupt, die man so sorgfältig vor ihr verbirgt? Sie spürt der offensichtlich vulgären Herkunft ihres Vaters nach und gerät in Abgründe, die sie verstören.
Als sie zudem bemerkt, dass ihre Mutter den Zärtlichkeiten anderer Männer aufgeschlossen ist, verliert Giovanna das kindlich-naive Vertrauen zu einer Welt, in der sie sich bisher geborgen und sicher gefühlt hat. Was sollte sie noch glauben, wem vertrauen? Durch das gewaltige und alles überziehende Lügennetz der Erwachsenen sieht Giovanna eine Welt, die ihr nicht allzu lebens- und liebenswert erscheint. Widersprüche noch und noch tun sich auf, sie scheint keinem mehr trauen zu können. Es sind die Neunzigerjahre, Giovanna steht auf der Schwelle zum Frau-Sein, und gerade jetzt würde sie Halt benötigen.
Obwohl die einzelnen Episoden gewohnt unterhaltsam und kurzweilig zu lesen sind, dringt doch wieder der melancholisch- gedämpfte Ferrante-Ton durch. Es scheint keine richtig glücklichen Frauen zu geben, nur solche, die sich vormachen, glücklich zu sein. Oder solche, die resignieren und auf ausgeleierten Gleisen fahren.
In sieben Abschnitte geteilt, begleitet der Leser Giovanna durch die schwierigen Jahre der Pubertät, in denen sie mit Widersprüchen, Gegensätzen, dem körperlichen Unbehagen zu kämpfen hat und zurechtkommen muss.
Unbehagen hat auch mich während des Lesens nie verlassen. Die Sprache war sicher authentisch, lebendig, bildhaft. Die Autorin malt kontrastreiche Szenenbilder, vermag die Spannung bis zum Schluss mit Drive zu halten. Dennoch verleidet mir diese immerwährende Traurigkeit die Lust am Lesen der Ferrante-Bücher. Schon die zuletzt erschienenen Romane haben mich ziemlich hinuntergezogen.