Ein Teenagerleben in Neapel

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Wie viele andere, habe ich auf den Nachfolger der Neopolitanischen Saga hingefiebert, hab' mich aber schon gefragt, ob man der Serie, ihren Figuren und Geschichten nachtrauern wird.

Die Gemeinsamkeit ist natürlich die Rückkehr nach Neapel, der getrennten Stadt zwischen hartem, kruden und akademischem Leben. Genau in diesem Zwiespalt wächst Giovanna heran: im Spannungsverhältnis zwischen dem Lehrerhaushalt ihrer Eltern und der harten Welt ihrer Tante.

Die Figur der Tante fand ich faszinierend; sie wurde wie eine Art Butzemann-Figur als gleichzeitig bedrohlich und spannend geschrieben, die Giovanna in einen Loyalitäts-Konflikt treibt.

Mit Giovanna selbst, kann man auch relativ problemlos mitfühlen: das Gefühl von Unsicherheit, Gefühlsschwankungen, Pubertäts-Drama wird sprachlich ganz deutlich transportiert. Toll, wie die Übersetzerin Karin Krieger die sprachliche Einfachheit mit zum Teil sehr harter Kante herausgearbeitet hat. Ich glaube, wenn Ferrante Deutsch schreiben würde, hätte sie ähnliche Worte, Phrasen, Sätze gewählt.

Für mich ein klares Nein zur Eingangsfrage. Ich habe nach den ersten Seiten die Saga völlig vergessen und war in Giovannas "Phantasiegeschichte" versunken. Die Kunst Ferrantes ist für mich, dass sie scheinbar mühelos alltägliche Ereignisse zu einem ganz besonderen Leseerlebnis formt. Man liest über den (oft harten) Alltag, fühlt sich aber gleichzeitig, als ob man für kurze Zeit dem eigenen Alltag entflohen ist. Genau deswegen werde ich auch wieder auf den nächsten Roman, mit wahrscheinlich wieder starken Frauenfiguren, hinfiebern.