Spannend aber der falsche Zeitpunkt

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alpaka Avatar

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Die Komposition aus gefühlvollen Eindrücken und Gesellschaftskritik Ferrantes konnte mich diesmal nicht in den Bann ziehen. Besonders schwierig fand ich den Umstand, dass im Dialekt geschrieben wurde.
Schön fand ich, dass besonders darauf geachtet wurde Kinder zu erziehen und die Fassade des Bildungsbürgertums aufrecht zu erhalten. Wie immer bin ich von der Sprachgewaligkeit eingenommen. Ferrante schöpft aus einem großen Wortschatz, was der Lese auch bemerkt. Wenn Corona nicht gewesen wäre, hätte ich es schneller durchgelesen. Trotz meiner Probleme mit dem Dialektalen muss ich zugeben, dass die Handlung der Figur, die von Natur aus in die Pubertät Gerät und sich durch rebellische Eigenheiten gegen den Lebensstil der Eltern abzugrenzen, sehr gut nachvollziehbar war.
Di Hauptfigur wirkt recht unsympatisch, weshalb ich mich schlechter in sie hineinversetzen konnte. In Bezug auf den Schreibstil hätte ich mir mehr emotionale Nähe zur Figur gewünscht. Das ist in anderen Romanen Ferrantes besser gelungen. In anderen Büchern wurde der Dialekt meist mit »Sprach im Dialekt« gekennzeichnet. Weil ich generell nicht für Mundarten in Büchern bin, weil sie etwas triviales haben, bin ich damit unzufrieden. Die Übersetzung war so wie sie war in Ordnung.
Angehenden Ferrante Lesern würde ich es nicht empfehlen die neapolitanische Saga oder Lästige Liebe konnten mich eher mitreißen.
Ich könnte mir vorstellen, dass es als Jugendbuch Verwendung findet und auch gern in einer Findungsphase gelesen wird. Weniger überzeugend waren auch die Anspielungen auf erotische Eskapaden und Abenteuer.
Es ist nicht notwendig, dass mir jedes ihrer Bücher gefällt. Der Wortschatz und die Erfahrung, die immer wieder in die Bücher einfließen, sind nicht zu übersehen.