In Luft aufgelöst

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tochteralice Avatar

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hat sich offenbar die achtjährige Carmel während eines Ausflugs zu einem Volksfest. Hat Beth, ihre Mutter, die Aufsichtspflicht vernachlässigt? Immerhin geht sie quasi auf dem Zahnfleisch, seit Paul, Carmels Vater, sie wegen einer Jüngeren verlassen hat. Haben ihre Nerven versagt, ist das Kind Opfer eines Triebtäters oder eines Ringes von Kinderhändlern geworden, ist es "aus Versehen" verschwunden und es kam zu einem Unfall? Es findet sich nicht die geringste Spur und Beth ist aufgelöst.

Doch die Geschichte wird quasi zweigleisig erzählt, von Beth und von Carmel selbst. Lebt sie also noch oder ist diese eine jener Geschichten, in denen aus dem Jenseits berichtet wird? Wie auch immer, ich kann versichern, dass die Ereignisse zu keinem Zeitpunkt ins Absurde abdriften. Eifersucht, Selbstzweifel, eine gewisse Art von Fanatismus, Scharlatanerie, Wut, Vertrauen - und natürlich Liebe: dies alles sind Themen, die auf die ein oder andere Weise in dem Buch verarbeitet werden.

So viel kann ich Ihnen verraten: Kate Hamer schreibt fesselnd, auch die Übersetzung liest sich flüssig, eloquent und dem Buch wohnt eine solch subtile Spannung inne, dass man es am liebsten gar nicht aus der Hand legen möchte. Es gibt ja viele Bücher über verschwundene Kinder, die das Geschehene auf die unterschiedlichste Weise auflösen, doch seien Sie versichert: keines ist wie dieses hier. Mir gefällt besonders gut, wie sich die Menschen in den fünf Jahren, bevor der Fall zu einem Abschluss gelangt, verändern - allen voran Beth, deren Weg in dieser Zeit ganz besonders einfühlsam und auch glaubwürdig nachgezeichnet wird.

Doch es gibt Erzählstränge, die hätte ich gerne mehr ausgearbeitet gehabt, da wurde meine Neugier nicht ganz befriedigt. Allein dies ist mein kleiner, absolut subjektiver Kritikpunkt an einem Buch, dessen Lektüre sich unbedingt lohnt.