Glück und Glas...

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eskalina Avatar

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Die Leseprobe zu diesem Buch hat mich etwas völlig anderes erwarten lassen und doch bin ich nicht enttäuscht, sondern sehr beeindruckt von dem, was Ali Shaw in seinem Debüt abgeliefert hat.

Ida, deren Füße sich nach einem Urlaub auf der Insel St. Hauda´s Land langsam in Glas verwandeln, kommt zurück auf die karge und geheimnissvolle Insel, um Hilfe zu finden und trifft auf Midas, einen einsamen und zutiefst verunsicherten jungen Fotografen, der sich nicht von den Gedanken an seinen dominanten und kalten Vater lösen kann.

Es geht es viel um Vergangenheitsbewältigung in diesem Roman, in dem eigentlich bei allen Figuren zuerst auf das eingegangen wird, was hinter ihnen liegt; viel dreht sich um nicht erwiderte Liebe und Unverstandene Gefühle und alle Personen haben eines gemeinsam – sie haben mit dem Geschehenen noch nicht abgeschlossen.
Jeder im Umfeld von Ida und Midas versucht auf seine eigene Weise mit den Schatten seiner Vergangenheit fertig zu werden und wenn man sich zuerst fragt, was Ida genau mit all dem zu tun hat, so entblättern sich nach und nach die einzelnen Verstrickungen der Inselbewohner untereinander und die Fäden scheinen bei Ida zusammenzulaufen.
Ida vermutet Heilung für ihre Krankheit bei Henry Fuwa zu finden, einem Sonderling, der sich zusammen mit seiner fliegenden Mini-Kuh-Herde in einer kleinen Hütte im Sumpf der Insel verbirgt, da er es war, der ihr bei ihrem ersten Treffen von der Sagenwelt der Insel berichtet hatte.

Fliegende Kühe, Füße aus Glas und ein Wesen, dessen Blick alles Lebendige in strahlendes Weiß verwandelt, das klingt so märchenhaft, dass meine Vorstellung von dem weiteren Verlauf der Handlung zuerst sehr in Richtung märchenhafter Fantasy ging. Doch der Autor hat so viel zu berichten, setzt so viele Personen, ihre Bindungen und ihr Versagen in den Vordergrund, dass die märchenhaften Elemente ebenso wie die grandiosen Naturbeschreibungen nur als Untermalung für die eigentliche Handlung dienen.

Manchmal hatte ich das Gefühl, fast alles, was auf der Insel geschieht, weise eine eigene versteckte Symbolik auf und mir fehle nur der Schlüssel, alles zu enträtseln. Da ist die körperliche Verwandlung von Ida (im Gegensatz zur psychischen Verwandlung von Midas), die langsam zu Glas wird – einfach so, ohne Grund. Man möchte gerne wissen, warum das geschieht und wo sie sich „infiziert“ hat, doch das bleibt komplett im Dunkeln, genauso, wie die winzigen fliegenden Kühe von Henry Fuwa – sie sind einfach da, ohne Vorgeschichte und es wird im weiteren Verlauf der Handlung nicht weiter darauf eingegangen. Das war es, was ich sehr bedauert habe, doch der Autor weiß trotzdem durch seinen Stil so gefangen zu nehmen, zeichnet so dichte Bilder, dass die märchenhaften Elemente zusammen mit den Beschreibungen der Insellandschaft und der Gedanken seiner Figuren, sowie der Handlung eine in sich abgerundete Geschichte ergeben, in der die leisen Töne überwiegen.

In Zeiten der Massenproduktion lieblos hergestellt wirkenden Lesestoffs muss ich unbedingt noch die wirklich wunderschöne Aufmachung erwähnen. Ein, wie ich meine, sehr gelungenes Cover und der silbern gefärbte Schnitt, sowie ein Lesebändchen stimmen perfekt auf das ein, was den Leser in diesem Buch erwartet.

**Mein Fazit:** Ein märchenhafter Roman mit stimmungsvollen Bildern, bittersüß und sehr beeindruckend und eine absolute Leseempfehlung.