Japanischer Erinnerungsschmaus

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Das Kamogawa Shokudō ist ein besonderes Restaurant. Wer es braucht, findet es. Ansonsten ist es von außen nicht als Genusstempel sichtbar. Inhaber sind Nagare, ein pensionierter Polizist, und seine Tochter Koishi. Außerdem trägt die Katze Hirune zur besonderen Atmosphäre des Restaurants bei.

Wer braucht das Restaurant? Menschen auf der Suche nach einem ganz bestimmten Essen, das früher zuweilen beinahe alltäglich war, doch nun nicht mehr verfügbar ist. Dazu kommt es beispielsweise, wenn der geliebte Mensch stirbt. Dann ist nicht nur der Mensch gegangen, sondern auch die Erinnerungen vernebeln mit der Zeit. Weil eben dieser ganz bestimmte Geruch in der Küche fehlt und der besondere Geschmack der Mahlzeit.

Geruch, Geschmack und Erinnerungen dem Strom der Zeit zu entreißen, das ist die Spezialität des Kamogawa Shokudō. In sechs kurzen Episoden, die jeweils ähnlich aufgebaut sind, beschreibt Hisashi Kashiwai die exquisite japanische Küche, aber auch höfliche, einander zugewandte Menschen, japanische Traditionen und Gepflogenheiten. Hier wird ein Ritual gepflegt, verschafft Zufriedenheit, Glück und angenehme Lesestunden. Die Handlung ist schmal, doch darauf kommt es hier nicht an. "Das Restaurant der verlorenen Rezepte" ist von außen und innen ein schönes Buch - eine Wohltat in der Flut an Gewalt und Exzess, Vulgarität und Überbietungswahn, den man heutzutage viel zu oft vorgesetzt bekommt.

Fazit: Der Autor ist ein älterer Japaner. Zwangsläufig werden hier klassische japanische Stereotype eher bedient, als das bei einem jüngeren Autor der Fall wäre. Das geht mir zuweilen zu weit. Wer darüber hinwegsehen kann, den erwarten genussvolle Anregungen und ein Eintauchen in die ferne japanische Welt.