Was ist Schuld?

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Tristan Sadler ist ein intelligenter junger Mann, der, 1919 mit Anfang zwanzig, als Lektor in einem Verlag arbeitet und schon so einiges hinter sich hat. Das Buch beginnt mit seiner Reise nach Norwich, wo er eine ihm unangenehme Aufgabe erledigen muss. Nach und nach stellt sich heraus, dass er sich mit siebzehn Jahren in die Armee gemogelt hat. Nach dem Ausbildungslager in Aldershot folgte recht bald die Ernüchterung in Frankreich. Sehr eindrucksvoll schildert der Autor das Kriegsgeschehen aus der Sicht des einfachen Soldaten. Der Kampf gegen Läuse, Ratten, Dreck und Wahnsinn ist vorherrschend, so banal er auch scheint. Dass Menschen sterben dringt nur manchmal ins Bewusstsein. Wahrscheinlich eine natürliche Schutzfunktion, denn sonst kann man kaum überleben.

Überlebt hat dieser Tristan Sadler, hat einige Narben davongetragen, wahrscheinlich mehr innere als äußere. Er hat fast alle seiner Kameraden sterben sehen und nie recht begriffen, warum er überlebt hat. Ein Freund ist tot und er will seiner Schwester deren Briefe bringen. Vielleicht möchte er auch von seinem Tod berichten.

Der Roman blendet immer wieder hin und her zwischen 1919 und 1916. Vieles vermutet der Leser schnell, aber der Autor behält sein eigenes Berichtstempo bei. Und das ist gut so, denn die Schilderungen werden so viel eindrucksvoller. Wie fühlt man sich wenn man etwas anders ist als die meisten Menschen und das zu einer Zeit, in der Toleranz keine Tugend war. Wie ist es, wenn man von einem überzeugten Vaterlandverteidiger allmählich zu einem zweifelnden Pazifisten wird? Wie anders ist Schuld heute zu sehen, in einer Zeit, in der alle diese Dinge normal sind?

Fazit: Ein sehr eindrucksvolles Buch. Man kann nicht anders, als mitfühlen, die Zwänge empfinden, die damals galten. Auch sprachlich ist es durchaus vorzeigbar, kann also nur empfohlen werden!

 

 

 

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