Der Kontrast von Sterben und Leben

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frau8richter Avatar

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So dunkel wie der das Cover zierende Himmel dem hellen Getreide gegenübersteht, so dunkel zeichnet sich der Holodomor (Tod durch Hunger) gegenüber dem Leben von Cassie ab, die als eine von zwei Protagonistinnen im Buch fungiert. Sie lebt Anfang der 21. Jahrhunderts in Amerika zusammen mit ihrer kleinen Tochter und versucht sich nach dem Tod ihres Mannes ins Leben zurückzukämpfen. Dabei helfen ihr Bobby, ihre ukrainische Großmutter und Anna, ihre Mutter. Sie erfährt die Lebensgeschichte von ihrer Babusja und begreift, dass die Ukraine in den 1930er Jahren systematisch durch Stalins Machtgier ausgehungert worden ist - ein Teil der Geschichte, der oft verdreht und verschwiegen wird. Der Rückblick in das Leben der jungen Großmutter von Cassie ist ergreifend, spannend und authentisch. Sie kämpft sich von Verlust zu Verlust und muss sich immer wieder neu für das Überleben entscheiden. Diese Kapitel sind spannend und mitreißend, die inneren Monologe der jungen Frau erschütternd. Dem gegenüber steht das moderne, amerikanische Leben mit seinen eigenen Herausforderungen und der Weisheit, dass Hoffnung für die Zukunft überall zu finden ist. Der Schreibstil ist einfach, klar und hin und wieder eloquent geschmückt. Es ist eine schnelle Lektüre, die aber nicht immer leicht zu schlucken ist. Dieser Roman ist wichtig, besonders jetzt, da die Ukraine wieder einmal von einem russischen Herrscher unterjocht werden soll. Es ist interessant, wie sich auch damals zeigt, dass das ukrainische Volk nicht einfach aufgibt. Das Cover zeigt diesen Nationalstolz in den Farben blau und gelb. Kritisch sehe ich den Buchtitel, denn das Dorf der Großmutter liegt zwar im gleichen Bezirk wie Kiew, die Stadt selbst kommt jedoch nie vor. Da wäre ein anderer Titel passender gewesen. Außerdem erscheint die Geschichte von Cassie stellenweise recht unwahrscheinlich und zu hollywoodhaft, da mehrere Dinge geschehen, die einem Wunder gleichen und auch noch wunderbar ineinander greifen. Dies passt auch so gar nicht zum harten Leben der Großmutter.
Mein Fazit ist eine Empfehlung für diesen Roman, da die Geschichte der Ukraine immer und immer wieder von mehreren Seiten erzählt werden muss und dieses Buch einen Beitrag zu leistet.