Gatza erzählt von Besessenheit

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Wer eine Affinität zum Barock hat, wird dieses Buch lieben. Überbordende Bilder von gigantischen Feuerwerken, mechanischen Spielzeugen, Gemälden und das Leben am Hof des sächsischen Kurfürsten 1673 in Dresden entfalten sich vor den Augen des Lesers.

Das ist das Jahr, in dem historische Teil des Romans von Matthias Gatza spielt. Er hat seine Geschichte in drei Teile aufgeschlüsselt: Die Gegenwart aus der Sicht eines fiktiven Herausgebers; ein Kunsthistoriker, der sich in den Jahrzehnten in seiner wissenschaftlichen Recherche über den Maler Silvius Schwarz verheddert hat und vor lauter Sucht nach immer neuem Material über ihn seinen Lebensplan vergisst. Der Leser erlebt seine Suche nach insgesamt sechs Bögen des Setzers Leopold, der die Begebenheiten im Jahr 1673 um den verehrten Maler beschreibt. Sie sind ebenfalls in diesem Roman zu lesen. Dazwischen ist ein Briefverkehr geschoben, den Silvius Schwarz mit seiner Geliebten Sophie von Schlosser, Mathematikerin, pflegt, unterteilt in Frühlings-, Sommer- und Herbstbriefe.

Alle drei, den Herausgeber, Sophie und Silvius eint eine Form von Besessenheit. Der Herausgeber begibt sich auf die Spur von Silvius Schwarz, forscht über Jahrzehnte und ist auf der Jagd nach allen Bögen des Setzers Leopolds, in denen das Leben des Silvius beschreiben wird. Silvius selbst ist auf der Suche nach  dem wahren Bild, dem Abbild eines bestimmten, unwiederbringbaren Augenblicks, dem Vorläufer der Fotografie. Sophie von Schlosser hingegen ist besessen von Silvius Schwarz.

Und hier gelingt dem Autor der große Wurf. Die Briefe der Sophie von Schlosser sind so lebendig, ironisch, wort- und bildgewaltig, dass es eine große Freude ist, sie zu lesen.

Gatza schafft in seinem Roman auf jeder Ebene eine dichte, atmende Atmosphäre, die den Leser auf genussvolle Weise durch das Buch führt.