Ein Kaleidoskop an Farben und Emotionen - der beste Kriegsroman, den ich bisher gelesen habe!

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cellissima Avatar

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Chilbury, ein kleines Dorf an der englischen Südküste, nur wenige Meilen von Dover entfernt: Im Jahre 1940 erreicht der Krieg das Land, müssen die Männer ihre Familien und ihre Heimat verlassen.
Der Vikar von Chilbury ordnet aus diesem Grunde die Auflösung des Chores an. Dies wollen die Frauen jedoch nicht akzeptieren, da das Singen für sie ein Licht in der Dunkelheit ist, sie in den wöchentlichen Chorproben Trost, Kraft und Halt finden.
Diese Ansicht teilt Primrose Trent, eine Londoner Musikprofessorin, die neu zugezogen ist. -Und so entsteht der Frauenchor von Chilbury!
Bald schon steht dieser Chor nicht nur für wunderschöne Musik, sondern auch für Freundschaft, Zusammenhalt, Entwicklung, Selbstbewusstsein.
Nicht zuletzt durch diesen Chor entwickeln die Frauen von Chilbury sich absolut zum Positiven. Inmitten des Grauens entsteht etwas Wunderschönes ...

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"Der Frauenchor von Chilbury" wird durchgehend in Form von Briefen und Tagebucheinträgen, verfasst von verschiedenen Frauen, erzählt. Jedes Alter, jede Gesellschaftsschicht ist vertreten.
Durch diese Erzählform erzielt Jennifer Ryan eine starke Intimität; der Leser fühlt sich den Frauen gleich sehr nah.
Ryan findet für jede Schreiberin einen ganz eigenen, absolut authentischen Stil, sodass die Lektüre niemals langweilig, sondern immer kurzweilig, interessant und berührend ist.
Der Roman weist eine ganze Bandbreite an Themen und Emotionen auf: die Schrecken und Wirren des Krieges bringen Trauer, Verlust, Angst, Gefahr mit sich.
Der Alltag und der Chor hingegen bringen Licht ins Dunkel sowie Liebe, Freundschaft, Glücksmomente.
Schrullige Figuren wie Mrs. B sorgen gar für Humor in all seinen Spielarten, wodurch die Lektüre und Kriegsthematik immer wieder aufgelockert werden und der Leser auch bestens unterhalten wird.
Und wie in jedem kleinen Dorf gibt es auch hier bspw. Intrigen, geheime Lieb- und dunkle Machenschaften, wodurch zudem ein gewisses Tempo und angenehmer Nervenkitzel in den Roman einfließen.

Fazit: Ein wunderschöner, berührender, absolut ausgewogener Roman. Der beste und klügste Weltkriegs-Roman, den ich bisher gelesen habe!
Man erfährt hier viel über den Krieg, aber auch über die Menschen.
Jennifer Ryan schreibt großartig, findet immer den richtigen Ton, und so ist es eine wahre Freude, die Mitteilungen der jungen Kitty oder von Mrs. Tilling zu lesen.
Es ist ein Roman der zeigt, wie viel Kraft die Musik besitzt, wie wunderschön sie ist, wie sehr sie Menschen verändern, was sie bewirken kann - auch und gerade in solch schrecklichen Zeiten.
Das Gewicht der Musik und Chorarbeit bildet den nötigen Gegensatz zu den Kriegsschilderungen.
Auch die Briefe und Tagebucheinträge drehen sich längst nicht nur um den Krieg, sondern um das ganz normale Leben, das ja doch irgendwie weitergeht. Und hier geschieht eine Menge! Auch Positives und Heiteres.
Und dies sorgt dafür, dass der vorliegende Roman trotz der Kriegs-Thematik nie zu erdrückend wird.
Natürlich gewinnt man gerade hier die Figuren sehr lieb, geht es einem bspw. extrem nah, wenn Prim stirbt ... doch es gibt auch viel Schönes.
Das ist längst nicht in allen Weltkriegs-Romanen der Fall; oftmals sind diese nur schrecklich und erdrückend, mag der Leser kaum weiterlesen und bleibt sehr traurig und schwermütig zurück.
Hier kann man hingegen Weinen *und* Lachen. Am Ende siegt die Hoffnung. Wenn der Leser die Gedanken am Ende weiterspinnt, so ist er sicher, dass diese starken und bewundernswerten Frauen den Krieg meistern und danach wieder glücklich sein werden.
Dieses Buch berührt sehr, stimmt traurig - doch man blättert die letzte Seite versöhnt um, ist zuversichtlich.
Es ist ein Werk, das man nicht mehr aus der Hand legen kann und will - und das einen trotz der Thematik irgendwie glücklich macht. Weil es so wunderschön geschrieben ist, man so tief eintauchen konnte, man sich so wohlfühlte in Chilbury und man trotz des Krieges am liebsten noch dort verweilen würde.
Man schließt dieses Dorf, diese Menschen, das Leben dort einfach in´s Herz.
Das habe ich nie zuvor bei einem vergleichbaren Roman erlebt, und das spricht wohl eindeutig für Jennifer Ryan´s Meisterschaft.
Unbedingt lesen!