Starke Frauen in schwierigen Zeiten

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In Chilbury, einem kleinen Ort in der Grafschaft Kent mit imposanten Landsitzen und kleinen Reihenhäusern, einem Kolonialwarenladen, einem Gemeindesaal und einer mittelalterlichen Kirche schleicht sich der Krieg in den Alltag ein. Viele Männer sind bereits eingezogen, die Nahrung beginnt knapp zu werden, Ehen werden kurzfristig geschlossen und zwei Tage vor der Beerdigung des einzigen Sohnes und Erbes von Brigadier Winthrop verkündet der Vikar an der Anschlagtafel des Gemeindesaals, dass der Kirchenchor aufgelöst wird. Die Frauen sind entrüstet und enttäuscht.

Ausschließlich aus Tagebücher und Briefen erfährt der Leser die Geschehnisse und die Überlegungen der Verfasser. Die erste Aufzeichnung ist vom 26. März 1940, die letzte vom 6. September 1940.

Da ist z. B. Mrs. Tillings, Krankenschwester und Einquartierungsoffizier. Sie ist voller Sorge um ihren Sohn, der nach Frankreich geschickt werden soll. Und Miss Edwina Paltry, die Sprichwörter verwechselt und „anderes“ vertauscht. Mrs. B, die Quertreiberin sowie die Schwestern Kitty und Venetia. Und auch von anderen Beteiligten werden die Gedanken offenbart.

Der Leser hat hier einen vergnüglichen Spaß. Liest er doch die geheimsten Gedanken. Dass man den einen für hochnäsig hält, den anderen langweilig findet, den anderen als einen arroganten, brutalen Fiesling, seinen Sohn als Halunken bezeichnet.

Die nächste Bekanntmachung an der Anschlagtafel des Gemeindesaals ist von Miss Primrose Trent, Professorin für Musik an der Universität Litchfield. Sie kündigt Proben für den neuen Frauenchor an. Zunächst skeptisch erkennen die Frauen, dass ihr gemeinsames Singen ein Stücken Zuversicht in die Herzen pflanzt.

Die Autorin hat die Erinnerungen ihrer Großmutter in dieses Buch eingebracht. Durch den persönlichen Bezug der Geschichten zu der historischen Zeit ergibt sich eine beachtliche Authentizität. Die Sorgen und Nöte angesichts des Krieges, die aufbrechenden Traditionen und die durch die Umstände erforderliche Eigenständigkeit der Frauen sind überzeugend herausgearbeitet. Die unterschiedlichen Charaktere treten deutlich hervor und entwickeln sich im Laufe der Geschichte zu selbstbewussten und tapferen Frauen, die gemeinsam ihre Stimme nicht nur im Chor erheben.

Es ist ein Roman, der die Emanzipation der Frauen im historischen Kontext zum Thema macht, den Mut, der dazu nötig ist und die Zuversicht, die durch einen Zusammenhalt entsteht, herausarbeitet. Er vermittelt außerdem ein besseres Verständnis der Kriegsjahre. Und es ist auch ein Roman, der unterhält, der mit den stereotypischen Attributen eines Dorflebens aufwartet. Diese Kombination hat für mich leider den substanziellen Kerngedanken abgeschwächt.

Die Eigenschaften der Figuren, auch wenn sie aus der Sicht der anderen genannt wurden, fand ich zu oft betont. Diese hätte ich anhand der Handlungen und der aufgeschriebenen Gedanken lieber selbst herausgefunden.

Der Schreibstil fand ich ausgefeilt und an die Figuren angepasst und flüssig zu lesen. Ein Tagebucheintrag der kleinen Kitty hat mich inspiriert, es ihr gleich zu tun. Gegen das Vergessen hat sie die Besonderheiten und Eigenheiten ihrer Liebsten notiert.