Tradition auf Eis

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buecherfan.wit Avatar

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Im Jahr 1999 sucht der 14jährige Bernie Karp in der Tiefkühltruhe seiner Eltern ein Stück Leber für einen etwas ausgefallenen Verwendungszweck und findet einen Eisblock mit einem eingefrorenen Rabbi. Seine Eltern erklären das Vorhandensein dieses seltsamen Tiefkühlguts mit einem Erbstück, das von Generation zu Generation weitergereicht wird. Im folgenden Kapitel wird erzählt, wie der heilige Mann Rabbi Elieser ben Zephir ein gutes Jahrhundert zuvor in das Eis geriet. In diesem Kapitel berichtet der Autor auch von einem Massaker an der jüdischen  Bevölkerung eines russischen  Dorfes einige Wegstunden von Lodz entfernt. Der  siebzehnjährige Sohn des ermordeten Eismannes nimmt den gefrorenen Rabbi auf seiner Flucht mit. Im dritten Kapitel führt im Jahr 1999 ein schwerer Sturm zu einem Stromausfall, und das Erbstück taut auf. Als Bernie dem  übelriechenden Rabbi aus der Truhe hilft, gerät er in eine Art grotesken Ringkampf, dessen Ende die ältere Schwester Madeline und ihr Verehrer gerade noch mitbekommen.  

Die ersten Seiten der Leseprobe vermitteln schon einen guten Eindruck von dem Roman. Ausgesprochen skurrile Ereignisse werden verknüpft mit tragischen und grausamen. Die jüdischen Bewohner des Dorfes haben seltsame Namen (Berel Schweinehaupt, Fischel Ostrow usw.) und sprechen yiddish (rebbe, schul, schabeß, mitnagig usw.), was dem Roman Authentizität verleiht. Der Autor, der selbst einen jüdischen Hintergrund hat, macht sich über Sitten und Verhaltensweisen, sogar über religiöse Gebräuche und Glaubensregeln lustig. So erwähnt der Autor, dass die strenggläubigen Chassidim darüber diskutieren "welche Abschnitte der Thora beim Geschlechtsverkehr in Betracht zu ziehen waren, oder ob es erlaubt war, am schabeß in den Schnee zu pinkeln (was gleichbedeutend mit Pflügen, also Arbeit und damit verboten war)". Diese besondere Art von jüdischem Humor und das Sprachgemisch aus deutscher Übersetzung und Einschüben von yiddish sind etwas gewöhnungsbedürftig, aber auf jeden Fall interessant und versprechen eine ausgefallene Lektüre. Kritiker bezeichnen den Roman als Satire und loben ihn überschwänglich. Man darf wirklich gespannt sein.