Der arme Adel

Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern
sissidack Avatar

Von

Einmal mehr beschreibt dieser Roman eine Familien alten Adels in der Zeit um 1811. Das Vermögen des Clans war eigentlich ausreichend um standesgemäß davon zu leben. Doch wenn Sicherheit über Generationen als selbstverständlich angesehen wird und das Oberhaupt der Familie jeden Bezug zur Verwaltung und Sicherung der Existenzgrundlage verloren hat, ist der Ruin vorprogrammiert. So auch hier. Papa ist verstorben und die hinterbliebene, hochadlige Familie steht vor Schulden. Eine Welt bricht zusammen. Jetzt hilft nur noch eine reiche Heirat der schönen Tochter. So mein Eindruck über den Roman nach Beendigung der Leseprobe. Genau so hat sich auch der weitere Verlauf des Romans entwickelt.

Die Familie des verstorbenen Viscounts of Panswick hat zum Glück zwei Töchter im heiratsfähigen Alter. Beide sind schön, aber eine wirkliche Schönheit ist die jüngere Schwester Penelope. Da auf dem schnellsten Weg Geld her muss, beschließt die Mutter Penelope mit einer Anstandsdame nach London zu entsenden, wo in der Sommersaison eine gute Partie ausgesucht werden soll. Das gesamte restliche Geld der Familie wird zusammengekratzt (entschuldigen sie bitte den harten Ausdruck) um Penelope auszustaffieren. Sie muss unbedingt als gut situierte junge Dame gelten, da sonst wohlmöglich keiner der reichen Kandidaten anbeißt. Penelope ist von diesem Plan absolut nicht begeistert. Sie ist eigentlich mehr der ländliche Typ. Die Marotten der gehobenen Gesellschaft in der Stadt empfindet sie als langweilig. Sie liebt Tiere und den direkten Umgang mit ihnen. Kurz vor der Abreise nach London bricht sich die Anstandsdame das Bein und fällt für das geplante Heiratsvorhaben aus. Nun muss die ältere Schwester Frederica herhalten. Sie wird zur grauen Maus umfunktioniert. In London finden die beiden Mädchen bei einer Möchtegern-Dame Quartier. Sie soll Penelope und ihre Begleiterin in die Gesellschaft einführen. Schon beim ersten gemeinsamen Ausflug geht alles schief. Ungeschicklichkeiten, über die wir heute einfach nur schmunzeln, erweisen sich als absolut unziemlich. In gleicher Manier geht es im Roman weiter. ... Die vornehme Gesellschaft erweist sich als oberflächlich, demütigend und nur zu ertragen für den, der Beziehungen spielen lassen kann. Am besten ist aber eine Menge Geld, dessen Höhe den Adligen nur schätzungsweise bekannt ist. Glücklicherweise lernen Penelope und Frederica einen der reichsten Adligen kennen. Zur Verblüffung des Lesers findet dieser aber nicht die schöne Penelope, sondern die klügere und reifere Frederice sympathisch. Er gibt sich für deren Onkel aus. Geheimnisse hin, Geheimnisse her - Frederica findet auch ihn liebenswert. Beide entdecken, dass hier nicht ehrlich gespielt wurde. Auch Penelope lernt einen jungen, den reichen Kreisen unbekannten, Mann kennen. Sie verliebt sich über beide Ohren in ihn, bis herauskommt, dass dieser auch Heiratspläne hat, die, oh Wunder, seine knappe Kasse aufbessern sollen. Penelope ist tief enttäuscht. Die beiden Mädchen sind tief verletzt und fliehen zurück zu ihrer Mutter aufs Land.

Eine solche Geschichte darf aber nicht traurig enden. Fredericas angebeteter Lord Darryhill reist kurze Zeit später hinter den Damen her. Er bittet um die Hand seiner Angebeteten. Mit Freuden stimmt Mama zu. Alles in bester Ordnung. Die Familie ist gerettet. F r i e d e , F r e u d e ......

Der Roman ist der typische Vertreter seines Genres. Für meinen Geschmack allerdings etwas zu seicht. Die detaillierten Beschreibungen der Kleidung der Lords und Ladys langweilen mich eher als sie mich interessieren. Standesdünkel dieser Zeit und der Gesellschaft, wie sie um 1811 sicherlich bestanden haben, finde ich menschenverachtend und bin daher froh, dass dies heute im täglichen Leben nicht mehr so extrem auftritt. Allerdings gilt nach wie vor, Geld schadet nur dem der keines hat. In die Kreise der reichen Töchter und Söhne werden auch nur reiche Töchter und Söhne aufgenommen. Doch auch als normaler Durchschnittsbürger lässt es sich recht gut leben. Ehrliche zwischenmenschliche Beziehungen wiegen alles Geld der Welt auf.

Der Roman ist für meinen Geschmack ein etwas besserer Drei-Groschen-Roman. Was allerdings nicht abwertend zu empfinden ist. Es gibt sicher viele Leserinnen, die diese Geschichte verschlingen werden. Stilistisch ist sie gut ausgearbeitet.