Irgendwo zwischen Jane Austen und Barbara Cartland

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Zunächst einmal muss ich sagen, dass ich, wenn möglich, 3,5 Sterne gegeben hätte.
Also, wie ich bereits in meinem Leseeindruck geschrieben habe, ist "Der Heiratsplan" eine in einigen unwesentlichen Punkten veränderte Neuauflage von Jane Austens Meisterwerk "Stolz und Vorurteil". Die Parallelen sind teilweile schon etwas erschreckend. Frederice, die Hauptfigur des Romans ist die älteste Tochter einer ehrbaren, adeligen aber leider verarmten englischen Familie. Sie hat insgesamt vier jüngere Geschwister, zwei Schwestern und zwei Brüder. Der Vater, dessen Lebenswandel die Familie in die Pleite geführt hat, lebt nicht mehr. Um ihr imposantes Landgut Lancroft Abbey zu retten, muss eine der beiden ältesten Schwestern, also entweder die 21-jährige Frederice oder ihre um zwei Jahre jüngere Schwester Penelope vorteilhaft verheiratet werden. Beide Schwestern sind ausgesprochen hübsch und liebenswert, wobei Frederice bei Weitem mehr Ich-Stärke und Weisheit besitzt als Penelope. Allen gesellschaftlichen Regeln nach muss Frederice aufgrund ihres höheren Alters als erste in die Londoner Gesellschaft eingeführt werden. Allerdings entscheidet sich die energische und autoritäre Frau Mama, gegen alle Konventionen, für Penelope. Die Zeit drängt. Die Pleite droht die Familie in den Ruin zu stürzen, und ihrer Ansicht nach hat Penelope als klassische Schönheit die größeren Chancen, auf die Schnelle, einen reichen Freier zu finden. Frederice ist zutiefst verletzt, unterstützt aber dennoch solidarisch und demütig den Heiratsplan ihrer Mutter. Sie begleitet Penelope als deren Anstandsdame nach London und täuscht dafür eine falsche Identität vor.
Während ihres Aufenthalts in London lernt Frederice durch einen Zufall den Earl of Derryhill kennen. Er ist ein unverschämt reicher und auffallend attraktiver Junggeselle von 32 Jahren, der sich in der Gesellschaft schrecklich langweilt. Er hat es satt ständig von irgendwelchen gierigen Frauen verfolgt zu werden, die denken sie könnten sein Herz erobern. Vor allem Debütantinnen sind ihm ein Graus. Der Earl ist voller Vorurteile den Frauen gegenüber, einschließlich Frederice, die ihn jedoch durch ihr integeres Wesen immer mehr in ihren Bann zieht. Frederice wiederum ist nicht nur in höchstem Maße anständig, sondern auch äußerst Stolz. Die Beziehung dieser beiden Figuren gleicht in beinahe jeder Hinsicht der von Mr. Darcy und Elizabeth Bennet in "Stolz und Vorurteil".
Penelope hingegen verliebt sich stürmisch in einen skrupellosen jungen Mann, der sie schließlich entführt. Ein Skandal von größtem Ausmaß droht auszubrechen. Wenn die Entführung publik wird ist die ganze Familie restlos und für immer "unten durch". Glücklicherweise scheitert der abscheuliche Entführungsplan und alles wird gut. Dank des durchdachten Eingreifens des Earl of Derryhill kann Penelope gerettet werden. Der Earl sorgt auch dafür, dass nichts von der Geschichte durchsickert. Auch die Entführungsgeschichte hat sich übrigens in "Stolz und Vorurteil" zugetragen, wobei Mr. Darcy die jüngere Schwester Elizabeths rettete.
Letztendlich kommt es zu einem romantischen Heiratsantrag des allseits begehrten Earls an Frederice. Alle sind glücklich und Lancroft Abbey ist gerettet.
Der "Heiratsplan" ist ein schöner historischer Gesellschaftsroman, der sich gut und gerne lesen lässt, wenn man diese Art von Literatur mag. Dennoch fällt es mir schwer der Autorin ein eindeutiges Lob auszusprechen. Das Gesamtkonzept ihres Buches ist schlichtweg eine Kopie von "Stolz und Vorurteil", und nicht nur das!
Es ist außerdem eine vereinfachte und oberflächliche Kopie dessen! Dem Heiratsplan fehlt die Tiefe an menschlicher Verstrickung und Emotionalität, und während Jane Austens großer Roman so realistisch aus dem echtem Leben herausgegriffen zu sein scheint, möchte der "Heiratsplan" wohl eher die einfacheren, romantischen Gefühle der Frauenwelt bedienen. Das Buch liegt qualitativ irgendwo zwischen Jane Austen und Barbara Cartland. Ich bin jedenfalls gespannt, welche Wendungen die nächsten Bücher aus der Lancroft Abbey Reihe nehmen werden.