Kleinstadtidylle?

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maenade Avatar

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Eine deutsche Kleinstadt. Idyllisch, ungestört, man könnte auch sagen nichts los, kurz vor der Kommunalwahl. Und ein neuer Hodscha in einer der zwei muslimischen Gemeinden der Stadt. Das ist die Ausgangslage für „Der Hodscha und die Piepenkötter“, den zweiten Roman von Birand Bingül – und das (vorläufige) Ende der Idylle.

 

Die Piepenkötter ist die amtierende Bürgermeisterin und sie hofft auf Wiederwahl. Der Hodscha, nun, ist der neue Hodscha und er hat einen ziemlichen Dickkopf. Für Wirbel sorgt seine Ankündigung an seinem ersten Amtstag, dass er für den Bau einer neuen, repräsentativen Moschee für seine Gemeinde eintreten wird. Das kann die Piepenkötter, Kandidatin der konservativen Partei, im Wahlkampf nicht gebrauchen und so beginnt ein Kleinkrieg zwischen den beiden im Titel genannten Hauptpersonen des Buchs, in dem natürlich vor allem viel zu Bruch geht (auch übertragen gemeint), in dem aber auch beide Seiten einiges übereinander und schließlich auch über sich selbst lernen. Wie immer fällt so was der jüngeren Generation leichter; wie Völkerverständigung funktionieren kann, hätten sich die beiden Kontrahenten auch von Hülya und Patrick, seiner Tochter und ihrem Sohn, abgucken können.

 

Das Buch ist amüsant, ich denke, jeder kann ein paar seiner eigenen Vorurteile hier vorgeführt finden. Das Buch ist unterhaltsam, vor allem die Dialoge, aber auch die wirklich treffende Beschreibung der Kleinstadtwelt tragen das Buch. Die handelnden Personen sind nicht immer sympathisch, aber immer sehr menschlich. Allah ist ebenfalls sehr menschlich und ich fühlte mich beim Lesen der Szenen mit Allah und dem Hodscha immer mal an den jüdischen Witz erinnert. Offenbar ist der islamische manchmal sehr dicht daran. Leider fand ich, dass das alles nicht völlig reicht, um einen ganzen Roman zu füllen. Die Szenerie und die Ausführung stimmen, aber die Handlung ist insgesamt ein bisschen schwach.

 

Im Übrigen ist das Buch aber sehr hübsch geraten. Der kanariengelbe Vorsatz, das schön und passend gestaltete Titelbild, die Art der Bindung und nicht zuletzt das erfreuliche Fehlen von Tippfehlern im sprachlich gut gelungenen Text machen den Roman zu einem Lesevergnügen.