Oh. Ooooooh. Ein Stück Familiengeschichte?!

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laberlili Avatar

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Die obskurste Unterhaltung, die ich je geführt habe, handelte sich um meine Herz-OP (am offenen Herzen), bei der genau auseinanderklamüsert wurde, welche Schritte dabei durchgeführt hatten werden müssen: nicht schön (und es war auch nicht schöner dadurch geworden, dass es heftige, völlig unerwartete, Komplikationen gab und ich unmittelbar danach im, nicht künstlichen, Koma lag), und dass ich ein Anrecht darauf hätte, die Videoaufnahmen des Eingriffs, der gefilmt worden war, zu sehen und ob ich das nicht doch tun wollte. (Nein. Bleibt mir bloß vom Leib mit diesem Film. Ich war schon überfordert davon, dass mir der Chirurg ein Foto meines operierten Herzens zeigte. Also ein echtes Foto. Bäh.)
Damals haben wir schon darüber gegrübelt, wie krass derlei Eingriffe bis vor wenigen Jahrzehnten noch gewesen sein müssten; diese leicht morbide Faszination hat mich schon vorsorglich beeindruckt diese Leseprobe aufrufen lassen: vielleicht stünde hier ja irgendwas über diesen klar wahnsinnigen Knallkopf, der sich irgendwann, und dann auch noch zu Recht, gedacht haben muss, es könne helfen, Menschen aufzusägen.
Womöglich mit Fotoaufnahmen wie aus dem Gruselkabinett. Ähnlich der merkwürdigen Bilder in den Büchern rund um die besonderen Kinder. Denn interessant wären derlei Fotos sicherlich und da kann ich mir zumindest sehr gut einreden, dass die gar nicht echt, sondern nur computergeneriert und photogeshoppt oder viel zu dramatisch rekonstruiert sind.

Okay, keine Fotos in der Leseprobe, die mich jetzt aber doch zum allerersten Mal Dinge wirklich fragen lassen hat: Ich habe meinen Urgroßvater (folgerichtig uralt geworden) noch gekannt und ja, "kriegsversehrt". Ihn hatte der Krieg ein Auge gekostet, und er hat da auch nie ein Glasauge oder Ähnliches gehabt, da war halt wirklich eine entsprechende "Mulde" in seinem Gesicht und ich habe zwar schonmal überlegt, wie zielgenau ihm da nur das eine Auge weggesprengt wurde, aber nach der Leseprobe ist mir tatsächlich zum ersten Mal in den Sinn gekommen, dass sein komplettes Gesicht bis an sein Lebensende reichlich glattgebügelt und leicht wächsern wirkte, so dass ich mich jetzt frage, ob er tatsächlich einfach nur gut gealtert ist oder ob man ihm nicht dereinst die Gesichtshaut reichlich festgetackert hatte (nachdem doch mehr als das Auge zerfetzt worden war), was zumindest erklären würde, dass er danach auch keine große Mimik mehr hatte.
Ich muss jetzt unbedingt herausfinden, was später noch so aus Percy Clare geworden ist und wie Soldaten mit zerfetzten Gesichtern damals tatsächlich behandelt wurden; mir eröffnet sich hier grad eine ganz neue Sicht auf meinen nie eine Miene verziehenden Urgroßvater. Verdankt er sein Gesicht einem Knallkopf, der es für eine gute Idee hielt, Leuten die Haut runterzuziehen und straffgezogen wieder anzunähen? Oder wie wurde das damals so gemacht, und vor Allem: wie waren da die Narkosen?!