Krieg und Medizin im Wettlauf

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miltonia 01 Avatar

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Ich kenne schon das Vorgängerbuch von Lindsey Fitzharris und war damals absolut begeistert. Ganz so toll finde ich dieses neue Buch nun nicht, vielleicht setzt da bei mir auch schon der Gewöhnungseffekt ein, aber trotzdem finde ich auch dieses sehr gelungen.

Natürlich ist das keine leichte Urlaubslektüre, die Beschreibung der Wunden der im 1. Weltkrieg verletzten Soldaten ist schon schwer zu verdauen, allzu anschaulich sollte man sich das nicht vor das innere Auge stellen. Die vielen oft auch tragisch mit dem Tod endenden Einzelschicksale berühren und die Erklärung der OP-Verfahren ist auch nichts für zarte Nerven. Aber ohne alles das wäre es heute nicht so einfach, sich mal eben den Körper oder das Gesicht optimieren zu lassen, vielleicht manchmal eben auch zu einfach.

Und man muss sich vergegenwärtigen, dass auch die OP-Techniken, die medizinischen Instrumente und das ganze Krankenhausmanagement noch auf einem ganz anderen niedrigeren Niveau waren. Und es gelingt der Autorin ganz hervorragend, dieses mit einfließen zu lassen.

Auch die verzweifelten Versuche, mittels Gesichtsmasken den Verletzten wenigstens ein annähernd menschliches Gesicht wiederzugeben, hat mich sehr berührt. Was muss es für die Männer eine schreckliche Qual gewesen zu sein, überall negativ aufzufallen und Ekel und Abscheu hervorzurufen, wenn man sich dieses Wunden doch im „Dienste am Vaterland“ zugezogen hatte! Ich kann gut verstehen, dass viele für sich entschieden haben, so ein Leben nicht weiterführen zu wollen.

Trotzdem ist dies kein sentimentales Buch, der Ton ist sachlich, aber nicht kalt, sehr gut recherchiert und die vielen beschriebenen Schicksale sowohl der Ärzte wie auch der Patienten lassen das Buch sehr anschaulich und lebensnah wirken.

Für alle Liebhaber von historischen und medizinischen Sachbüchern eine absolute Empfehlung!