Zurückgegebene Gesichter

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strohhaken Avatar

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Der Horror der frühen Chirurgie von Lindsey Fitzharris ist ein beeindruckendes Sachbuch. Es ist bei Suhrkamp erschienen und beschreibt das Leben des Mediziners Harold Gillies, der Pionierarbeit in der plastischen Chirurgie leistete.
Harold Gillies macht es sich zur Aufgabe, den Gesichtsverletzten Soldaten des ersten Weltkrieges ihre Gesichter zurückzugeben. Er interessiert sich für die Menschen hinter dem entsetzlich entstellten Äußeren. Er wird als Mensch mit Nerven aus Stahl und einem großen Herzen beschrieben. Er arbeitet mit Zahnärzten, Malern, Bildhauern, Zahntechnikern, … zusammen, um das bestmögliche Ergebnis für seine Patienten zu erzielen. Ihm ist daran gelegen, sein Wissen zu teilen und zugänglich zu machen. Durch seine bahnbrechenden Methoden und gewonnenen Erfahrungen, legt er den Grundstein für die Schönheitschirurgie.
Das Buch ist gut recherchiert, der Schreibstil sehr flüssig. Das Buch befasst sich neben den sehr ausführlichen Beschreibungen der verletzten Soldaten, auch detailliert mit der Geschichte des Krieges. Es kam sehr häufig vor, dass ich Kriegsverläufe oder die Geschichte zu einzelnen Personen des Buches nachgelesen habe. Die äußerst drastisches Beschreibungen der weggeschossenen Nasen oder fehlenden Kiefer, sind für mich nur schwer zu ertragen gewesen. Glücklicherweise gibt es in dem Buch keine Fotos.
Es gibt genügend Passagen in dem Buch, bei denen ich auch schmunzeln musste. Etwa bei der Beschreibungen seiner Erfindung der Rundstiellappen (zusammengenähte Hautlappen). „Binnen Kurzem lagen auf Gillies‘ Stationen Dutzende Soldaten, denen rüsselartige Gebilde aus Stirn, Wangen, Nase, Lippen oder Ohren wuchsen …“
Ein berührendes Buch, das nicht für Zwischendurch geeignet ist, sondern Aufmerksamkeit verlangt. Lesenswert!