Helden der Medizingeschichte

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Der Horror der frühen Medizin, Biographie von Lindsey Fitzharris, 276 Seiten, erschienen im Suhrkamp - Verlag.
Joseph Listers Kampf gegen Kurpfuscher, Quacksalber und Knochenklempner.
Die dunkle Zeit der viktorianischen Medizin. Im frühen 19.Jh. waren Operationen wegen der Folgerisiken strikt zu vermeiden. Chirurgische Eingriffe waren eine Seltenheit und wurden von Ärzten im Straßenanzug, ohne Betäubung und wie Jahrmarkttreiben zelebriert. Doch die Zeiten der Qualen fanden durch die Äthernarkose ein Ende. Weitaus schlimmer waren die Komplikationen durch postoperative Infektionen. Die Gründe für Sepsis, Wundbrand und Gangrän waren noch nicht erforscht. Doch Joseph Lister und viele seiner berühmten Kollegen konnten und wollten sich nicht damit abfinden, dass sie selbst durch unsaubere Instrumente, blutverschmierte Kittel und ungewaschene Hände ihren Patienten den Tod brachten. Hier wird die Lebensgeschichte von Joseph Lister und sein Kampf gegen den Hospitalismus eindrucksvoll beschrieben.
Das Buch ist in 11 Kapitel unterteilt, die jeweils mit einer zum Inhalt passenden, in Großbuchstaben gedruckten Überschrift versehen sind. Darunter wurden Zitate in kursiver Schrift gedruckt, die überwiegend von berühmten Ärzten stammen. Lateinische Krankheitsbezeichnungen, Fachausdrücke und Eigennamen sind ebenfalls kursiv dargestellt. Am Anfang ist ein Inhaltsverzeichnis angegeben, welches sehr hilfreich war. Einzelne Textstellen sind mit Anmerkungsziffern versehen, die Fußnoten dazu sind im Anhang vermerkt.
Lindsay Fitzharris hat mich mit ihrem Buch äußerst beeindruckt. Die promovierte Medizinhistorikerin veröffentlich regelmäßig in verschiedenen Zeitungen, auch medizinischen. Bekannt wurde sie durch ihre You Tube-Serie „Under the knife“. Dass die Autorin weiß wovon sie schreibt, merkt man unbedingt. Ich habe das Buch schnell gelesen und zwischendurch fast vergessen zu blinzeln, so spannend hat sich die Lektüre erwiesen. Jederzeit konnte ich der Erzählung folgen, die Charaktere handelten plausibel und nachvollziehbar. Allerdings sollte eine gewisse medizinische Vorbildung vorhanden sein. Fachbegriffe die einem Mediziner geläufig sind, werden nicht näher erläutert. Die hygienischen Zustände im 19. Jh., die infizierten Wunden, die blutigen Eingriffe, der empörende Gestank, auch Leichenhandel werden bis ins kleinste delikate Detail geschildert, deshalb sollte der Leser schon etwas abgebrüht sein. Wer sich für Medizingeschichte interessiert und etwas Fachkenntnisse mitbringt fühlt sich mit dieser Biografie sicher gut unterhalten. Die Person Joseph Lister wurde hervorragend charakterisiert und sympathisch beschrieben. Ihm und anderen Pionieren der Medizin z.B. Pasteur, Semmelweis usw. ist es durch ihre unermüdliche Forschungsarbeit zu verdanken, dass die Gefahr der Ansteckung oder einer postoperativen Infektion nahezu ausgemerzt ist. Ein hervorragendes Sachbuch zu keiner Zeit langweilig oder unverständlich, lebendig geschrieben und sehr unterhaltsam. Dafür von mir volle Punktzahl, 5 Sterne.