Ein Buch voller Geschichten in der Geschichte

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heinoko Avatar

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Ohne Lanzarote je gesehen zu haben, gewann ich durch das Buch einen unvergesslichen farbig-plastischen Eindruck von der Insel und seinen Bewohnern. Und dieser Eindruck blieb mir am meisten hängen vom Roman, den ich sehr gerne gelesen habe.

Der Postbote Pedro in Yaiza hat ein ruhiges Leben, denn das Internet hat ihn seiner eigentlichen Aufgabe entledigt. Wer schreibt heute noch Briefe? Also sortiert er Werbesendungen, trägt diese gewissenhaft aus, fährt regelmäßig mit seiner Honda quer über die Insel zum Nachweis seiner Geschäftigkeit, trinkt am Hafen Café con leche, bringt seinen Sohn Miguel zur Schule und holt ihn wieder ab. Er hat sich gut eingerichtet in diesem ruhigen Leben. Carlota, seine große Liebe, aber trennt sich von ihm, zieht nach Barcelona und nimmt Miguel mit. Pedro ist am Boden zerstört. Selbst sein ziemlich verrückter Freund Tenaro, angeblich mit Hemingway verwandt, schafft es nicht, ihn aufzuheitern. Bis Amado der Flüchtling auftaucht und die drei zusammen planen, Pedros Sohn Miguel zurückzuholen.

Was das Buch auszeichnet, neben seiner eindrücklichen Schilderung von Land und Leuten, ist seine Erzählfreude. Denn in die Handlung eingestreut sind viele weitere kleine Geschichten, Lebensgeschichten, aber auch politische Geschichten, komische Geschichten und Geschichten von Vulkanausbrüchen; eine Wundertüte an Tragikomik, deren Inhalt der Autor für uns ausbreitet. Aber es geht auch um den spanischen Bürgerkrieg und aktuelles Geschehen, es geht um die Schuldfrage und um das Thema Flucht, denn der Vergangenheit kann man nicht entfliehen. Glücklicherweise ist die ausufernde, weitschweifige Erzählweise niemals langweilig, im Gegenteil. Das Buch ist kurzweilig, wie das Leben selbst, heiter und traurig, ruhig und chaotisch und auch ein wenig weise.