Intelligente Unterhaltung

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Es ist ein Buch über Vulkane und Fußball, über Flüchtlinge und über das Vatersein, aber genauso gut auch ein Buch über die Suche nach den eigenen Wurzeln.
Moritz Rinke hat in seinem Roman „Der längste Tag im Leben des Pedro Fernández García“ viele Themen miteinander verknüpft. Sein Protagonist Pedro, ein 40-jähriger spanischer Postbote, der auf der Insel Lanzarote mit einer Diensthonda Briefe austrägt, wirkt ein bisschen wie aus der Zeit gefallen. Er stemmt sich gegen den unaufhaltsamen Niedergang seiner Zunft im Zeitalter des Internets. Nur noch wenige Briefe sind zuzustellen, dabei ist das Amt des Postboten schon in der dritten Generation in seiner Familie. Manchmal wirkt Pedro wie ein tumber Tor, der von überwältigender Liebe zu dem Sohn seiner Lebensgefährtin Carlota gesteuert ist und damit die Leere füllt, die der unbefriedigende berufliche Alltag mit sich bringt. Darum ist er auch komplett entwurzelt, als Carlota ihn verlässt. Indem er sich dadurch seiner Familiengeschichte stellt, kann er mit der Vergangenheit abschließen und sich neuen Ideen öffnen.
Der Leser erfährt ganz nebenbei viel über die Geschichte des Spanischen Bürgerkrieges und über den Strukturwandel auf der Insel Lanzarote. Nicht nur Pedro wird kaum mehr gebraucht, auch sein agiler, leicht verrückter Freund Tenaro, der Fischer war, hat keine Perspektive in diesem Bereich mehr und sehnt sich, ebenso wie Pedro, nach den Zeiten zurück, als die Ausübung des Berufes noch möglich war.
Neben Pedro, Tenaro, Carlota und ihrem Sohn Miguel spielt auch noch der Flüchtling Amado eine Rolle in diesem Buch. Alle Personen werden von ihrem Autor mit Zuneigung und Humor geschildert. Auch Gegenständen wird dabei eine entscheidende Rolle zugewiesen: ein Schreibtisch aus massiver Eiche lässt Pedro seine familiäre Herkunft hinterfragen, ein gefundenes Boot scheint Tenaro neue Möglichkeiten zu eröffnen und ein blauer Kinderball reist bis nach Marokko.
Der Autor erzählt nicht nur eine Geschichte, er erzählt viele und reichert sie mit großem historischem, literarischem und geologischem Wissen an. Entstanden ist so ein sehr unterhaltsames Buch mit Tiefgang.