Langer Titel, kurzweiliger Inhalt

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dj79 Avatar

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Pedro Fernández García ist wie auch schon sein Vater und sein Großvater Postbote mit einem kleinen Büro in Yaiza im Süden von Lanzarote. Was zu Zeiten seines Großvaters noch ein ehrbarer Beruf war, ist durch die Kommunikation via Internet inzwischen vom Aussterben bedroht. So ist Pedro nach der Zustellung der täglichen Postwurfsendungen und den verbliebenen wenigen Briefen dazu gezwungen, Zeit totzuschlagen. Seiner Freundin Carlota, die selbst im Tourismus arbeitet und unter Dauerstrom steht, ist das als berufliche Aufgabe zu wenig. In der Folge verlässt sie ihn und zieht mit dem Sohn Miguel nach Barcelona. Pedro bleibt mit seinem Freund aus Kindertagen, Tenaro, zurück, der heute als Fischer arbeitslos ist.

Während Pedro in der Wahrnehmung von Arbeitsbienen wie Carlota irgendwie antriebslos wirkt, ist Tenaro sprunghaft, sprudelt nur so vor verrückten Ideen, um zukünftig seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Während es Pedro reicht, von seinem Gehalt einen Café con leche und den Mittagstisch in der BarStop für sich uns seinen Sohn finanzieren zu können und will Tenaro den ganz großen Coup. Tenaro will wie in den Zwanzigern feiern, Pedro für seinen Sohn da sein. Obwohl ich wahrscheinlich mit beiden Herren nicht zusammenleben könnte, ist mir letztlich Pedro doch sympathischer. Er hat wenigstens ein echtes Ziel. Er möchte das Beste für seinen Sohn. Gut gefallen an den beiden hat mir ihr Zusammenwirken als Team. Vieles klappt zwar nicht mehr so wie früher und ein bisschen auseinander gelebt haben sich die Freunde auch, aber letztlich wissen sie doch um die Bedürfnisse des Anderen.

Insgesamt ist der Roman von Moritz Rinke unglaublich vielschichtig. Es geht um wegbrechende Berufe, was die mit sich anfangen sollen, die sie bisher ausgeübt hatten. Hinzu kommen Flüchtlinge, die nach Freiheit strebend über die Kanaren nach Europa einreisen. Eingewoben sind die Themen Männerfreundschaft, Vaterschaft und Fußball, der alles verbindet. Messi als Vorbild und Held vom FC Barcelona ist ebenfalls mit von der Partie. Abgerundet wird das Ganze durch einen tiefergehende Blick in die Vergangenheit Spaniens, als sich Franco mit Unterstützung des nationalsozialistischen Deutschen Reichs an die Macht geputscht hat.

Das Konstrukt des Autors ist so geschickt zusammengesetzt, dass regelrecht einleuchtet, wie die Ereignisse und Entscheidungen der Vergangenheit bis ins Heute wirken. Durch die ungelenke Art seiner Charaktere schafft Rinke trotz der ernsten Thematik eine Situationskomik, die ich sehr mochte, nicht schreiend komisch, sondern immer wieder zum Schmunzeln anregend. Witzig waren zudem die leicht spoilernden Kapitelüberschriften, die manchmal auch Vorfreude, was denn jetzt wieder passiert, erzeugen konnten. Der Titeldes Romans ist vielleicht etwas langatmig gewählt, der Roman selbst ist es nicht, sondern ein ganz besonderes Lesevergnügen, das ich gern weiter empfehle.

Schade ist nur, dass parallel zur Veröffentlichung der deutschen Ausgabe verkündet wurde, dass Messi nach Paris Saint-Germain wechselt.