Mehr als ein unterhaltsamer Roadtrip

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Pedro, in dritter Generation Postbote in Yaiza auf Lanzarote, hat dank Internet kaum noch Post, die er zustellen kann. Dann verlässt ihn Carlota, seine große Liebe und nimmt den gemeinsamen Sohn Miguel mit aufs Festland, nach Barcelona.

Sein Kumpel Tenaro ist ein arbeitsloser Fischer ohne Boot und dann taucht plötzlich Amado auf, ein Flüchtling aus Afrika, der es bis nach Lanzarote geschafft hat.

Alle drei Männer haben nichts mehr zu verlieren und den Mut der Verzweifelten. Sie schmieden einen unglaublich verrückten Plan. Und vielleicht lösen sie auch noch das Geheimnis um einen marokkanischen Tisch und um einen blauen Ball.

Tja, auch wenn es sich jetzt so anhört wie die Geschichte eines völlig abgedrehten Roadtrips, geht es doch um viel mehr in „Der letzte Tag des Pedro Fernándo García“. Es ist keine Geschichte, die laut ist und vor Spannung nur so platzt und knallt.

Es ist mehr eine Reise ins Innenleben des Pedro Fernándo García und seiner ungleichen Freunde. Auch ist es eine Reise in die Familiengeschichte zu einem dunklen Geheimnis. All dies wird erst nach und nach klar. Zunächst werden in aller Ruhe Pedro, Carlota und der Sohn Miguel vorgestellt. Pedro, der mangels Post die meiste Zeit damit verbringt, Cafe con leche am Hafen zu trinken. Carlota, die gaaanz viel arbeitet und Miguel, das ein und alles von Pedro.

Und plötzlich bricht die heile Welt auseinander. Der Schmerz Pedros ist ganz deutlich spürbar, wie großartig Moritz Rinke diese Gefühle ausdrücken kann. Als Leser*in erlebt man die verschiedenen Traurigkeitsphasen der Hauptfigur mit und lernt dann auch Tenaro und irgendwann den sehr gebildeten Amado kennen.

Im Laufe der Geschichte werden einige Personen und Ereignisse vorgestellt, was mich zunächst ein wenig schwindelig gemacht hat. Man lernt die liebenswerten und weniger liebenswerten Macken der Menschen in Pedros Umfeld kennen. Zum Schluss wird aber aus all den kleinen Nebenschauplätzen und Erzählfäden, die gesponnen werden, etwas Ganzes. Es gibt Beschreibungen der Insel, Menschen, die ganz detailliert umrissen werden und was mich sehr berührt hat, ist die Liebe Pedros zu seinem Sohn. Dies wird mit jeder Handlung, jedes Gedanken Pedros klar und so erscheint dann am Ende auch der Plan einfach logisch und gar nicht so völlig verrückt.

Auch die beiden anderen wichtigen Figuren des Buches, Tenaro und Amado, bringt der Autor näher. Es wird klar, was ihre Ambitionen, ihre Sorgen und Hoffnungen sind. Und gleichzeitig schafft es Moritz Rinke, aktuelle Themen wie das Verdrängen der kleinen Fischer durch große Fischfangflotten und die Flüchtlingsströme aus Afrika mit in das Buch einzubringen. So beschreibt er, was Amado auf sich genommen hat, um nach Spanien zu kommen. Eine lebensgefährliche Reise durch die Sahara und über das Meer und den Aufenthalt im Lager. Dadurch kommt neben der eigentlichen Geschichte um Pedro noch eine politische Komponente hinein.

Es ist mal wieder ein ganz feines, leises Buch, dass seinen Zauber erst so nach und nach außen kehrt. Ich hatte etwas anderes erwartet aufgrund des Klappentextes, habe aber eine ganz bezaubernde Geschichte stattdessen gefunden. Ein Buch für diejenigen, die die leisen Töne mögen, aber auch eine Vorliebe für leicht schräge Typen und schräge Plots haben, denn zwischendurch wird es schon ein wenig verrückt und ich musste ein paar Mal laut lachen. Und es wird dann auch klar, warum das Buch „Der längste Tag im Leben des Pedro Fernández García“ heißt.