Hass und Liebe sind näher beeinander als man manchmal ahnt

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Gard Sveens „Der letzte Pilger“ wurde als bester Krimi Skandinaviens ausgezeichnet, und das mit Fug und Recht. Denn neben der Kriminalgeschichte erzählt Sveen viel von der Rolle Norwegens im 2. Weltkrieg, was manchem den Krimi unnötig aufzublähen scheint – meines Erachtens steigerte das die Spannung sogar.

Sveen erzählt in zwei Haupterzählsträngen: einem, der im Jahr 2003 spielt, und einem, der im 2. Weltkrieg, meist 1942, spielt. Die Gesichte beginnt einem skandinavischen Krimi angemessen recht blutig, als seine Haushälterin im Jahr 2003 die Leiche Carl Oscar Kroghs, eines Widerstandskämpfers aus dem 2. Weltkrieg, findet. Mehr oder minder zeitgleich werden die Knochen mehrerer Toter gefunden, darunter auch die Knochen eines Kindes. Hier betritt Tommy Bergmann die Bühne, der später auch den Krogh-Fall auf den Tisch bekommt. Zwar hat Bergmann zumindest einen guten Teil des Buches noch so etwas wie ein Leben neben der Kripo, schließlich trainiert er eine Mädchen-Handballmannschaft, zumal er sich für die Mutter eines der Mädchen interessiert, doch abgesehen von diesem Punkt erinnert Tommy Bermgann doch ein bisschen an Nesbøs Harry Hole. Neben diesem Erzählstrang wird die Geschichte von Kaj Holt, Carl Oscar Krogh und Agnes Gerner im 2. Weltkrieg erzählt. In beiden Strängen kommt man der Lösung der Kriminalfälle und ihrer Zusammenhänge parallel näher. Von der Handlung soll nicht mehr verraten werden, denn ein Grund für die Lektüre eines Krimis ist ja die Spannung, wie die Geschichte verläuft.

Sveen verwendet große Mühe darauf, selbst äußerste Randfiguren noch zu charakterisieren, was schnell mal zur Länge geraten kann, doch er zaubert damit eher Atmosphäre. Indem er die Erzählstränge verwebt, die Aufklärung recht langsam vorankommen lässt, dem Leser immer nur kleine Informationshäppchen „zum Fraß vorwirft“ und die eine oder andere falsche Fährte legt, steigert er die Spannung immens. Denn warum soll ein alter Mann, geradezu ein Volksheld, über 60 Jahre nach Ende des Krieges, in dem er auf der richtigen Seite stand, sterben müssen? Wer bereit ist, sich mit Geschichte auseinanderzusetzen, bekommt hier ein spannendes Krimidebut zu lesen.