Intelligenter Krimi mit interessanter Thematik

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linus63 Avatar

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Der Einstieg in das als „bester Krimi Skandinaviens“ ausgezeichnete Buch gelingt zunächst leicht, und der anschauliche Schreibstil ist flüssig zu lesen. Die Handlung spielt in zwei Zeitebenen, die klar strukturiert durch Orts- und Zeitangabe am Anfang jeden Kapitels voneinander getrennt werden. Die Ermittlungen werden im Jahr 2003 nach dem Fund dreier Leichen in der Nordmarka und dem kurz darauf entdeckten Mord am ehemaligen Widerstandskämpfer Krogh aufgenommen, während die Hintergründe hierzu während des zweiten Weltkrieges in einem parallelen Handlungsstrang ablaufen.

Liegt das Augenmerk bei den Ermittlungen auf Kommissar Tommy Bergmann, spielt im anderen Erzählstrang Agnes Gerner die tragende Rolle, eine Agentin des norwegischen Widerstandes, die sich in nationalsozialistischen Kreisen bewegt. Um sie herum tauchen bald eine Menge Personen auf, die alle auf zum Teil undurchschaubare Weise im allgemeinen Kriegswirren in Norwegen mitzumischen scheinen, jedoch ohne dass ich ein klares Bild erhalte. Dadurch muss ich sehr konzentriert lesen und mir Einzelheiten bewusst merken, wodurch sich mein Lesefluss verlangsamt und mein Interesse am Buch etwas erlahmt. Erst allmählich wird erkennbar, wer genau welche Rolle auf welcher Seite – oder auch ein doppeltes Spiel spielt. Ich muss zugeben, dass mich diese intelligente und clever konstruierte Geschichte, die sich langsam aus den Ereignissen herauskristallisiert, nach dem weniger überzeugenden ersten Drittel des Buches positiv überrascht, und sich am Ende ein komplexes, schlüssiges und unerwartetes Bild ergibt.

Wie oft bei skandinavischen Krimis, ist auch hier die Atmosphäre düster und schwer und passt gut zur vorliegenden Thematik. Gleichzeitig verlaufen jedoch Handlung und Ermittlungen ziemlich träge, stellenweise schleppend und lassen Spannung vermissen. Auch die interessanten und vielschichtigen Protagonisten bleiben mir fremd, obwohl sie individuell und greifbar sind, Schwächen zeigen, und ihr Verhalten und ihre psychische Problematik anschaulich und nachvollziehbar dargestellt werden. So bin ich durchgehend außenstehender Beobachter, anstatt in die Geschichte abzutauchen und am Geschehen teilzunehmen.

Trotz der interessanten Thematik konnte mich das Buch nicht durchgehend fesseln. Etwas mehr Spannung wäre schön gewesen. So vergebe ich drei Sterne für einen intelligenten Krimi mit einem interessanten Hintergrund, von dem ich mir im Vorfeld jedoch etwas mehr versprochen hatte. Doch Geschmäcker sind ja zum Glück verschieden …