Momentaufnahmen eines großen Künstlers, der im Angesicht des Todes eher klein wirkt.

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gela_hk Avatar

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Ein sterbenskranker Mann allein auf dem Sonnendeck eines Ozeanriesens erinnert sich an seine Lebensstationen. Gustav Mahler, gefeierter Dirigent und Komponist auf einer Reise ins Ungewisse.

Robert Seethaler hat in seinem Roman Gustav Mahler eine Stimme gegeben. Leise und unaufdringlich in einem einfachen Schreibstil erinnert sich der Künstler an einzelne Momente seines Lebens. Die Leidenschaft für die Musik beim Komponieren wird kurz entfacht, als ein Vogel ihn auf eine Melodienfolge bringt und er stundenlang vergessen komponiert.

"Es waren die Töne, die er so lange vermisst hatte, ohne sie eigentlich je zu suchen. Jetzt waren sie da. Er musste sie bloß festhalten."
Er erzählt von seiner tiefen Liebe zu seiner jungen hübschen Frau, die er doch nie wirklich verstanden hat. Erst als sie ihm die Liebe zu einem anderen Mann gesteht, kämpft er verzweifelt, sucht sogar Sigmund Freuds Hilfe. Zeit hilft ihm hier nicht mehr, denn nur, weil der Tod schon anklopft, bleibt sie bei ihm.

Der tragische Tod seiner ältesten kleinen Tochter geht ihm immer noch sehr nah, schmerzt und die wenigen gemeinsamen Momente geben ihm keinen Halt.

In der Einsamkeit des Meeres drängen sich Gedanken über den Tod auf. Ein weißer großer Vogel scheint ihm sein Ableben anzukündigen. Einziger Gesprächspartner ist ein Schiffsjunge, der ihm Tee serviert, ihn betreut und über das Meer philosophiert.

Erwartet habe ich lebendige, sprühende Details aus dem Leben Gustav Mahlers. Vielmehr waren es nur schmerzliche Gedanken eines schwerkranken Mannes, der mit sich selbst hadert.

Keine Erwähnung seines revolutionären und beeindruckenden Handelns an der Wiener Oper, sondern nur eine Ahnung von Umgestaltung. Wie jung er zu der damaligen Zeit war, wie außergewöhnlich.

Seine Frau nur als wunderschön und resolut zu zeichnen ist eine Untertreibung. Ihr Geliebter, hier nur "Baumeister" genannt, ist kein anderer als Gropius.

Lediglich die Szenen mit dem Schiffsjungen sind emotional gezeichnete Momente, die den Künstler menschlich und verletzlich wirken lassen. Daher ist wohl auch das Ende der besondere Satz, der noch ein wenig nach klingt.

Gustav Mahler hätte es als Figur für diesen Roman nicht gebraucht. Vielleicht wäre ein unbekannter Protagonist sogar besser gewesen, weil keine Erwartungshaltung an die Person geknüpft wird.