Malerisch

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jiskett Avatar

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Schon das Cover des Buches ist sehr schön und weckt, in Verbindung mit dem Titel, erste Erwartungen und macht neugierig. Durch den weißen, unregelmäßigen Rahmen fällt es gleich ins Auge und man betrachtet es genauer. Es wirkt geheimnisvoll, aber keinesfalls unheimlich, sondern eher noch beruhigend durch die schöne, schlichte Farbgebung.
Der Titel ist eher ungewöhnlich, klingt aber sehr interessant. Unwillkürlich malt man sich eine mögliche Geschichte und einen möglichen Protagonisten für solch einen Titel aus - und das auf Seite 4 abgedruckte Gedicht bestärkt die Erwartungshaltung.

Auch der Beginn der Leseprobe klingt vielversprechend. Die Beschreibung des Wetters ist eigentlich nicht sehr spannend, aber doch sehr malerisch geschrieben und so sehr plastisch. Der Autor benutzt hierbei Umschreibungen, die eher ungewöhnlich klingen (wie der Himmel aus angelaufenem Silber), dadurch aber sehr charmant und einprägsam sind. Man kann sich das Wetter sehr gut vorstellen und deshalb auch verstehen, wieso der Taxifahrer schimpft - dadurch, dass sie es schön findet, wird klar, dass sie anders ist, was dadurch betont wird, dass sie ihre Veränderung beschreibt und erklärt, dass sie kurz vor verrückt gestanden hatte. Ihre eigene Charakterisierung erzeugt Spannung, da man sich unwillkürlich fragt, was ihr geschehen ist, das eine solche Veränderung hervorgerufen hat. Vor allem, da wir später erfahren, dass sie ihr Leben vollkommen hinter sich lassen möchte, nachdem ihr Vater gestorben ist und ihr damaliger Freund ihr etwas schlimmes angetan haben muss.
Insgesamt passiert auf den ersten Seiten nicht sehr viel, dafür strotzen die Seiten vor Beschreibungen und führen zunächst die Hauptperson, Elsa Beletti, ein. Auch wenn ich persönlich es nicht mag, direkt am Anfang mit einer recht langen Beschreibung des Aussehens des Protagonisten überflutet zu werden, kann man es hier rechtfertigen, immerhin stehen wir am Anfang der Geschichte und müssen zunächst herangeführt werden. Da "Der Mann, der den Regen träumt" ein Buch der Beschreibungen zu sein scheint, kann man damit leben, vor allem, da die Geschichte von Elsas sehr ansprechend geschildert ist. Die Geschichten ihres Vaters klingen so liebenswert, dass man sie gerne hören würde, egal ob sie wahr sind oder nicht.
Zudem wird hier bereits eine Verbindung Elsas zum Regen geschildert, auf so unaufdringliche Art, dass man es nur als kleines Detail zur Kenntnis nehmen könnte - ihre Mutter trennte sich an einem regnerischen Tag von ihrem Vater.

Die Übergänge von Elsas Gedanken zum aktuellen Geschehen im Flugzeug scheinen etwas unrund zu sein, doch je länger man liest, desto tiefer wird man in den Bann gezogen. Man spürt die Anziehung, die das Wetter auf sie zu haben scheint, und diese Anziehung ist faszinierend und ungewöhnlich zugleich. Fast auf jeder Seite wird etwas mit dem Wetter verbunden.
Auch die kleine Stadt, in der sie ankommt - Thunderstown, sinnigerweise wieder eine Verbindung mit dem Wetter - scheint etwas mystisches zu haben. Sie übt eine ähnliche Anziehung wie das Wetter auf die Protagonistin aus, die sich in die Stadt verliebt hat, nachdem sie sie vom Flieger aus gesehen hat. Das gibt der Stadt etwas geheimnisvolles und man glaubt, etwas ergründen zu müssen.

Ein weiteres Mysterium/Geheimnis ist Daniel, ein geheimnisvoll wirkender Mann, der sehr gut mit Tieren umgehen zu können scheint und dann mit einem Ruck das Genick des Hundes bricht, der auf den ersten Blick keine große Bedrohung zu sein scheint. Die Menschenmenge scheint die Tötung des Hundes zu begrüßen, sie jubeln, während Elsa geschockt ist. Auch, dass Daniel sich bekreuzigt, wirkt befremdlich, immerhin hat er gerade ein Tier getötet. Doch was viel eigenartiger ist, ist die Tatsache, dass die Augenfarbe des Hundes sich nach seinem Tod verändert und "wie von Feuer zerfressen" scheint...



Obwohl auf den ersten Seiten noch nicht sehr viel passiert, ist die Atmosphäre sehr dicht und man möchte weiter lesen, um zu erfahren, wie es mit Elsa weiter geht. Sie ist als Protagonistin sowohl ungewöhnlich als auch (bisher) sympathisch, zudem birgt ihre Vergangenheit genug Erzählstoff, was durch mysteriöse Ereignisse ihres neuen Wohnortes ergänzt wird.
Besonders die letzten Sätze sind hierbei sehr spannend und interessant, weshalb es ein genialer Kniff ist, die Leseprobe hier enden zu lassen- man möchte unbedingt wissen, wieso der Hund seine Augenfarbe ändert und was es mit Thunderstown auf sich hat!