Wie vom Blitz getroffen

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Elsa ist auf der Flucht. Auf der Flucht vor ihrem alten Leben in New York. Auf dem Weg in ihr neues Leben scheint Elsa dennoch eine ganze Menge Ballast zu begleiten. „Eine Welt hinter den Spiegeln, wo das Leben nicht unerträglich geworden war“ (S. 15), genau das glaubt Elsa in dem beschaulichen Thunderstown zu finden. Eine Kleinstadt, wie sie im Buche steht und in der die Zeit für eine Weile stillgestanden zu haben scheint.
Doch irgendetwas Ungewöhnliches geht hier vor. Die Menschen sind merkwürdig nervös und angespannt, ferner scheint das Wetter hier seinen eigenen Willen zu haben. Hat dies womöglich etwas mit dem mysteriösen Fremden zu tun, den Elsa vor der Kirche trifft und der sie gleichermaßen fasziniert wie verängstigt? Alles was Elsa will, ist endlich zur Ruhe kommen, doch dann tritt in den Bergen vor Thunderstown ein weiterer Mann in ihr Leben, der jedoch nicht weniger Eindruck auf sie hinterlässt.

Ali Shaw ist seinem Stil in seinem neuem Werk treu geblieben. Wie schon Das Mädchen mit den gläsernen Füßen wird auch dieses Buch sehr langsam erzählt, stets begleitet von diesem tristen, trüben Unterton. Bis zu dem Moment, in dem der Autor den Leser immer wieder mit voller Wucht aus dieser sanften Melancholie herausreißt. Eine Erzählweise, die sicherlich nicht jedem gefällt und von einigen als zäh oder gar langweilig beschrieben werden dürfte. Ich muss gestehen, dass auch ich im Gegensatz zu Shaws erstem Buch hier mit einigen Kapiteln zu kämpfen hatte.

Die Idee, dass das Wetter menschliche Züge annehmen könnte ist außergewöhnlich und von Ali Shaw mitreißend, plausibel und lückenlos zu Papier gebracht. Dieser fantasylastige Aspekt bietet dem Leser einmal etwas völlig Neues. Leider funktionierte in meinen Augen dabei der realitätsnahe Teil des Buches nicht so richtig, insbesondere was die Figuren, deren Verhalten und ihre Beziehungen untereinander betrifft.

Vieles entwickelt sich einfach zu schnell – die Zweifel, die Liebe, der Hass und das Verzeihen. Man kann selten richtig folgen. Andere, meiner Meinung nach ehr nebensächliche Aspekte werden bis ins Kleinste beschrieben und nagen so beständig am Spannungsbogen. Man hat das Gefühl stetig von Null auf 100 km/h zu beschleunigen, nur um dann wieder mit einer Vollbremsung nahezu zum Stillstand gebracht zu werden. Es kommt einfach kein angenehmes Erzähltempo auf.

Die Dialoge wirken oftmals künstlich und passen einfach nicht zu den Situationen, in denen die Figuren sich befinden. Nach nur zwei Tagen fallen aus dem Nichts schon Sätze wie: „Du kannst mir vertrauen.“ Die Figuren schienen mir der Einfachheit halber so zu reden wie sie eigentlich nur denken sollten.

Obwohl Elsa eine sehr sympathische Protagonistin ist, fiel es mir schwer Zugang zu ihr zu finden. Etwas, dass in Ali Shaws ersten Buch ganz von alleine passiert ist. Bis auf den eindringlich Sprachstil lassen sich die beiden Bücher allerdings auch nur schwer miteinander vergleichen. Für beide gilt jedoch, dass man Zeit und Nerven haben muss, um sie zu lesen und sich wirklich auf diese verqueren und dennoch schönen Geschichten einlassen zu können.

Übrigens kann ich nicht verstehen, warum das Buch im Deutschen „Der Mann, der den Regen träumt“ heißt. Mit Träumen hat dieses Buch absolut nichts zu tun. Der Mann, der den Regen weint wäre in vielerlei Hinsicht passender gewesen.